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Nachschlag

■ Ein Herrenabend über die Liebe (antik) in der Schaubühne

Im Hause des Agathon treffen sich verschiedene Größen des antiken Griechenland. Darunter der Komödiendichter Aristophanes und Sokrates, der Philosoph. Am Ende kommt auch Alkibiades hinzu, ein legendärer Feldherr und Neffe des Perikles. Das Ganze ist lange, nämlich fast zweieinhalb Jahrtausende, her. Berühmt geworden ist dieses Gastmahl, oder wie es griechisch heißt, Symposion, weil Platon den Bericht davon verwendet hat, um seine Lehre vom Eros zu entwickeln.

Nun hat Wolf Redl (zusammen mit dem Dramaturgen Klaus- Rüdiger Wöhrmann) aus Platons Schrift einen Theaterabend gemacht, und wir begegnen den antiken Geistesgrößen auf der Kreuzberger Probebühne der Schaubühne wieder. Dorothée Uhrmacher hat sie in schwarze Anzüge gesteckt, Redl für sie einen fast schwarzen Bühnenraum erdacht – von Gelage kann hier nicht die Rede sein. Wir haben es eher mit einem existentialistischen Debattierklub zu tun. Im äußersten Winkel sind Instrumente aufgebaut, an denen die großen Denker zum Schluß eine herrlich verquere Jazznummer zum besten geben, als sei's ihre Version der Ballade über die Unzulänglichkeit menschlichen Strebens.

Es wird getrunken und vom Trinken geredet. Trotzdem wirken die versammelten Herren aber eher wie welche, die zwar Wein predigen, dann aber heimlich Wasser trinken. Viel mehr noch als vom Trinken wird von den Spielarten der Liebe geredet. Jedem der Anwesenden fällt nämlich die Aufgabe zu, eine Rede über den Gott Eros zu halten. Und das tun sie dann auch, mehr oder weniger brillant. Phaidros (Cornelius Obonya) und Pausanias (Hans-Werner Meyer), Eryximachos (Rainer Philippi), der lebenskluge Aristophanes (Hans Diehl) und schließlich Agathon (Wolfgang Michael). Doch Sokrates (Michael König) hebt das intellektuelle Schaulaufen schließlich aus den Angeln. Ein bißchen verlebt, den massigen Körper von einem weiten Mantel umweht – halb Clochard, halb Dichterfürst. Seine am Leben und der Liebe geschulte Rede läßt die übrigen Kombattanten schnell verblassen und verstummen. Überlebensgroß wird Sokrates schließlich durch das Liebesbekenntnis des spät von der Straße hinzukommenden Alkibiades (Nicholas Monu).

Vom ganzen Abend bleibt am stärksten Michael Königs Bild des Sokrates im Gedächtnis haften. Im übrigen wurde die Frage, ob Platons in Dialogform gefaßte Schrift tatsächlich auch für das Theater taugt, von Wolf Redls Versuch nicht wirklich überzeugend beantwortet. Esther Slevogt

„Symposion“ nach Platon, Regie: Wolf Redl, weitere Vorstellungen am 23., 28., 30. 6., 20 Uhr, Schaubühne am Lehniner Platz, Probebühne, Cuvrystraße 7, Kreuzberg

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