: Rot-grüner Schlußspurt übers Schlagloch
Die Koalitionsverhandlungen in Nordrhein-Westfalen sollen am Wochenende abgeschlossen werden, doch bei Garzweiler II hat man sich noch nicht auf ein Verfahren geeinigt ■ Aus Düsseldorf Walter Jakobs
Der Poker um die rot-grüne Koalition in NRW geht in die Endrunde. Nach den Worten des Sprechers der nordrhein-westfälischen Grünen, Rainer Priggen, ist die Arbeit „zum größten Teil getan“, bis zum Wochenende könne „es klappen“. Wenn das Bündnis noch scheitere, „dann an Garzweiler II“, denn, so erklärte Priggen gestern, „wie wir diesen Knoten durchschlagen können, weiß ich noch nicht“. Die Grünen fordern zwar inzwischen nicht mehr die ultimative Rücknahme der kurz vor der Landtagswahl erteilten Genehmigung des Braunkohletagebaus, aber der von den Sozialdemokraten in Aussicht gestellte „Kompromiß“ reicht ihnen nicht. Die SPD will den Grünen rechtliche Kompetenzen und finanzielle Mittel zur Verfügung stellen, um eine alternative Energiepolitik auf den Weg zu bringen. SPD-Verhandlungsführer Wolfgang Clement spricht inzwischen selbst davon, daß NRW bei der „energiepolitischen Wende vorausgehen“ wolle und es darauf ankomme, aus klimapolitischen Gründen „die Energieeffizienz zu steigern, das Energiesparen zu forcieren und erneuerbare Energien als vollwertige Option zu etablieren“. In bezug auf Garzweiler II beharrt die SPD aber weiterhin darauf, daß das Genehmigungs- und Planverfahren weitergehen müsse. Wenn sich bei der „Energiewende“ bis zum Ende der Legislaturperiode nicht der gewünschte Erfolg abzeichnet, muß Garzweiler II nach Auffassung der SPD-Verhandlungsgruppe kommen. Ein Moratorium beim Planverfahren könne es deshalb nicht geben. Auch der in zwei Jahren zur Genehmigung anstehende Rahmenbetriebsplan sei von einem grünen Umweltminister deshalb umzusetzen. Nur bei der Umsiedlung will die SPD sich auf ein Moratorium einlassen. – Doch ein Stopp des Verfahrens allein auf diesem Feld reicht den Grünen nach den Worten von Priggen nicht. Manfred Busch, finanzpolitischer Sprecher der grünen Landtagsfraktion und gleichzeitig an den Garzweiler-Verhandlungen in der Energiearbeitsgruppe unmittelbar beteiligt, sieht das ähnlich: Die Genehmigung des Rahmenbetriebsplans habe „präjudizierende Wirkung, weil dadurch rechtliche Fakten geschaffen werden, die Entschädigungsansprüche für die Betreiber begründen“. Danach sei das Projekt dann tatsächlich kaum noch rückholbar. SPD-Kreise verbreiten dagegen eine andere Version. Man könne diesen Prozeß auch so gestalten, daß keinerlei Präjudizierung erfolge und die Entscheidungen ohne jegliche Entschädigungsansprüche rückholbar seien. Wenn die „Energiewende“ sich als machbar herausstelle und der Stromverbrauch entsprechend sinke, werde es Garzweiler II nicht geben: „Wir wollen einen wirklich offenen Prozeß ohne Tricks, denn auch uns geht es um eine ökologisch verträgliche Energiegewinnung. Wir sind nur nicht so sicher wie die Grünen, daß das auch so schnell zu schaffen ist“, sagte ein SPD-Unterhändler der taz. Am Wochenende fällt voraussichtlich die Entscheidung.
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