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Jumbo gestürmt, Geiseln befreit

■ Flugzeugentführung in Japan glücklich beendet / Entführer war entlassener Bankangestellter / Sein Motiv ist weiter unklar

Tokio (AFP) – Die Enthüllung der Identität des Flugzeugentführers in Japan hat Erstaunen und Befremden ausgelöst: Der Mann, der 15 Stunden lang 365 Menschen in seiner Gewalt hielt, war kein Sektenfanatiker, sondern ein Bankangestellter und nur mit einem Schraubenzieher bewaffnet. Die Drohungen des Entführers seien ernst genommen worden, sagte Regierungschef Tomiichi Murayama gestern.

Der Luftpirat hatte sich als Mitglied der gefürchteten Aum-Sekte ausgegeben und gedroht, das Flugzeug in die Luft zu sprengen. Tatsächlich hatte er nur einen Schraubenzieher bei sich und machte sich die Angst zunutze, die die Erwähnung der Aum-Sekte in Japan inzwischen auslöst. Gestern am frühen Morgen hatte auf Anordnung des Ministerpräsidenten eine japanische Elite-Einheit die Maschine gestürmt, den Entführer überwältigt und alle Geiseln befreit. Als sich die Elitetruppe anschickte, das Flugzeug zu stürmen, habe er zu den Göttern gebetet, sagte Murayama. Das japanische Fernsehen zeigte live, wie der Luftpirat abgeführt wurde. Er hatte seinen Kopf mit einer Decke verhüllt und blutete an der Schulter. Die Motive des 53jährigen Bankangestellten blieben zunächst unklar. Er war im Oktober von seiner Bank wegen einer Asthmaerkrankung entlassen worden. „Er sah aus wie ein ganz normaler friedlicher Arbeiter“, zitierte Jiji Press Nachbarn des 53jährigen Fumio Kutsumi. Niemals hätten sie ihm eine derartige Gewalttat zugetraut. Der Vorstandsvorsitzende der Bank sagte, Kutsumi habe zunächst schnell Karriere gemacht. Mit dem Beginn seiner Krankheit 1991 hätten jedoch seine Schwierigkeiten begonnen.

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