Politisch nicht korrekte Frontenbildung

■ betr.: „Ein Volk, ein Meer, ein Bohrturm“ von Micha Brumlik, taz vom 21. 6. 95

Ist das wahr, was die taz unter Deinen Promi-Namen druckt: „lehrt in Heidelberg, lebt in Frankfurt“? Oder ist das nur Angabe?

Ich meine: Mußt Du in Deiner Doppelfunktion als Lehrender und Lebender wirklich dauernd zwischen da (Heidelberg) und hier (Frankfurt) hin und her düsen? Beziehungsweise (der Heidelberger Flughafen taugt ja nichts): pendeln? Mit der Deutschen Bahn („Bei uns kommt der Strom aus der Stockdose“)? Tja, das wäre dann freilich eine noch sauberere Umweltverschmutzung als die von der gegenwärtigen Volksbewegung für sauberere Meere propagierte. Autonome und CSU gegen Shell? Autofahrer gegen einen Mineralölkonzern? Ach, das muß das noch autonomere Pendlerbewußtsein eines zwischen Heidelberg und Frankfurt freischwebenden Lehrerlebens freilich erschüttern; wo bleiben denn da – ein Kopf, ein Brett, ein Sehschlitz – seine selbstgetöpferten Feindbilder? So widersprüchlich soll's da zugehen in der blöden Welt? Im blöden, autofahrenden Volke, das vom bewußten Pendeln zwischen hier und da freilich nichts weiß, sondern nur aus völkischer Dämelei in der Gegend herumdüst und heimlich natürlich von einer Seeschlacht Greenpeace gegen Lord Nelson träumt?

Brumlik! Ist das, zwischen zwei Zügen, nicht doch gar zu brummdumm dahergebrummt? Rainer Mammen, Bremen

Es gibt eine alte Anwaltsweisheit: Du kannst einem Menschen nichts Schlimmeres antun, als sein beklagtes Problem zu lösen, er wird sofort mehrere neue erfinden. Konkret hier: Ein von unseren Oberlehrern natürlich nicht vorausgesehener Erfolg einer Aktion mit politisch nicht korrekter Frontenbildung. Da kann doch nur gemosert und gequakt werden! [...]

Weiter so! Wir brauchen die Brumliks, damit wir jeden Tag wieder aufgeklärt und miesepetrig den Tag beginnen können und damit sichergestellt wird, daß mensch sich der einzigen Kraft, die politisch etwas verändern kann, niemals bewußt wird: Der Veränderung im kleinen Bereich, den wir nun einmal nur beeinflussen können, wenn wir uns zutreffend einschätzen und nicht den bürgerlichen Größenwahnphantasien à la Brumlik verfallen sind. Hans-Helmut Thömen,

Hamburg

[...] Ich glaube, es ist endlich an der Zeit, daß eine gewisse Sorte von APO-Opas und Hochschullehrern ihre intellektuelle Überheblichkeit gegenüber dem eigenen Volk ablegt und damit aufhört, die deutsche Geschichte als Schauplatz der Psychopathologie zu sehen, wo die soziale und politische Entwicklung von Anfang an falsch gelaufen ist. Gert Schneider, Berlin