: Hahn dicht in Hanau
■ Stromkonzerne steigen aus / Kinkel wirbt neue Plutonium-Kunden
Berlin (rtr/dpa) – Die deutschen Kraftwerksbetreiber steigen endgültig aus der neuen Brennelementefabrik von Siemens in Hanau aus. Bayernwerk-Chef Otto Majewski sagte gestern in München, die Atomkraftwerks-Betreiber wollten eine bis zum 30. Juni geltende Finanzierungszusage nicht verlängern. Die Energieversorger sehen nach Majewskis Worten kaum noch eine Chance für eine industrielle Nutzung der Anlage, weil sie frühestens in vier Jahren in Betrieb gehen werde.
In der Atomfabrik sollte Uran und Plutonium – in Metallstäbe gefüllt – zu Brennelementen für AKWs montiert werden. Bisher haben die Stromkonzerne die Hälfte der 1,1 Milliarden Mark für die fast fertige Fabrik bezahlt. Derzeit wird nicht weitergebaut. Allein für den Erhalt der Anlage sind jährlich 150 Millionen Mark von seiten der Stromer fällig. Die Zusage dieser Mittel wurde nun gestoppt. Die Betreiberfirma Siemens hatte schon erwartet, daß der Geldhahn zugedreht würde. „Wir überlegen uns das weitere Vorgehen“, sagte Siemens-Sprecher Rainer Jend, „auch im Hinblick auf die Abrüstungsinitiative der Bundesregierung“. Damit ist die Verwandlung des russischen Waffenplutoniums in „Mischoxid-Brennelemente“ gemeint: 120 Tonnen des tödlichen Atombombenmetalls aus den Beständen der ehemaligen Sowjetunion – genug für Tausende von Atomsprengköpfen – sollen für Bombenbauzwecke unbrauchbar werden.
In einem Koalitionsgespräch gestern unter der Leitung von Helmut Kohl wurde die Verarbeitung des Plutoniums in Hanau „grundsätzlich positiv als Abrüstungsbeitrag“ gesehen. Außenminister Klaus Kinkel soll darüber mit den Russen sprechen.
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