piwik no script img

Landgang für Ölplattformen

■ Förderanlagen dürfen ab sofort nicht mehr versenkt werden / Briten unterzeichneten nicht

Berlin (taz) – Der Boykott der Verbraucher hat nicht nur den Shell-Konzern vom Versenken der Ölplattform Brent Spar abgehalten: Gestern haben die Anrainerstaaten des Nordost-Atlantiks auf einer Konferenz in Brüssel die Entsorgung ausgedienter Öl- und Gasförderanlagen im Meer verboten. Alle Teilnehmer der „Oslo-Paris-Kommission“ (Ospar) stimmten für den Beschluß, nur Großbritannien und Norwegen waren dagegen. Damit wird die Brent Spar der einzige Versuch eines derartigen Öko-Dumpings bleiben.

Auch für die Chlorchemie wird es etwas schwieriger. Die Stoffgruppe der kurzkettigen Chlorparaffine darf ab dem Jahr 2000 weder vermarktet noch verwendet werden. Die Stoffe sind giftig und krebserzeugend und wirken bei männlichen Wesen oft verweiblichend (nur körperlich, leider nicht im Geiste). Chlorparaffine werden vor allem beim PVC-Kunststoff als Weichmacher und Flammschutz, als Spezialfarben und in Schmierölen verwendet.

Der Beschluß ist jedoch nur für die Länder bindend, die ihm auch zugestimmt haben. Die Briten spielten auch hier die Öko- Schweinchen. Sie enthielten sich der Stimme, damit ihr Chemiekonzern ICI die Chlorgifte weiter unter die Völker und Fische bringen kann. Hoechst, der einzige deutsche Produzent, will die Fertigung einstellen – die Bundesregierung stimmte deshalb plötzlich für das Verbot, nachdem sie auf bisherigen Konferenzen dagegen war. Laut Angaben des Greenpeace-Experten Manfred Krautter will ICI seine Anlagen vergrößern, damit sie den Marktanteil von Hoechst übernehmen kann. „Wir bräuchten deshalb schnellstens ein Anwendungsverbot in der Bundesrepublik und der Europäischen Union“, fordert Krautter.

Leider wird über die mittel- und langkettigen Chlorparaffine erst im nächsten Jahr diskutiert. Nach Messungen von Greenpeace bei Nordseefischen und im Wattenmeer-Schlick reichern sie sich ebenso an wie die kürzeren Verbindungen dieser Klasse. Reiner Metzger

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen