SPD geht zähneknirschend mit der CDU

■ SPD-Landesparteitag akzeptiert Koalitionsvertrag und SenatorInnen mit Zwei-Drittel-Mehrheit

Ob es am Sommerwetter lag oder an der Stimmung unter den von der Koalitionsvereinbarung enttäuschten SozialdemokratInnen: Zu dem SPD-Landesparteitag am Samstag waren nur 139 von 221 berechtigten Delegierten erschienen. Dabei galt es immerhin, über die nächsten vier Jahre SPD-Politik in Bremen abzustimmen.

Nach über zweistündiger Debatte über einzelne Punkte des Koalitionsvertrags mit der CDU stimmten immerhin 100 Delegierte dafür. In der geheimen Abstimmung waren 32 dagegen, zwei enthielten sich der Stimme.

Aber selbst wenn die kleine Schar der Bremer SozialdemokratInnen den Koalitionsvertrag damit abgesegnet hat, so hat die Mehrheit dies doch nur zähneknirschend getan. Die CDU hat ihrem Geschmack nach zuviel Sand in das gut geschmierte SPD-Getriebe in Bremen geworfen. „Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit wird mit keinem Wort in der Koalitionsvereinbarung erwähnt – das ist ein Skandal!“, rief Bertram Zwanziger, Delegierter des Unterbezirkes Ost, seinen GenossInnen zu. Immerhin enthielte das Papier viele Leerformeln, die mit sozialdemokratischen Inhalten gefüllt werden könnten. „Eigentlich müßten wir nein dazu sagen“, meinte Zwanziger. Aber die Parteiräson hat gesiegt: Er stimmte trotzdem zu.

Nicht so bei Karsten Sieling, Mitglied im Landesvorstand. „Mit dem achtspurigen Ausbau der A1 geht die SPD weiter in die ökologische Katastrophe“, sagte er und erntete tosenden Beifall. Diese Richtung habe man ja schon bei Beckmeyers Verhalten im Vermittlungsausschuß zur Ozonverordnung gesehen: „Ich kann dem so nicht zustimmen.“

Ereifern konnten sich die meisten auch über die kommende Schulpolitik und die teilweise Privatisierung der Gewoba. Die Privatschulen seien in Zukunft besser ausgestatt als öffentliche. Und wo bleibe die neue Gesamtschule für die Neustadt? Wie sollen die Gewoba-MieterInnen beruhigt werden, wenn Mieterhöhungen anstehen? Und wo wolle man, bitte schön, noch pauschal zehn Prozent kürzen? War das Koalitionspapier auch Anlaß zu heftigen Beiträgen, so erlahmte das Interesse der GenossInnen doch bald an den immer wieder gleichen Inhalten.

Ganz ohne Personaldebatte ging es dann zur Wahl der KandidatInnen für den Senat. Mit großer Mehrheit (111:16) stimmten die Delegierten für Bringfriede Kahrs. Sie wird für die SPD die Ressorts Bildung, Wissenschaft, Sport und Kunst führen. Die Nord-Bremer Lehrerin hatte ein dickes Lob ihres Vorgängers im Amt, Henning Scherf, auf ihrer Seite. „Bringfriede läßt keinen Termin aus und meistert schwierige Schlachten.“, stimmte der seine GenossInnen vor der Wahl ein.

Auch für die beiden anderen Senats-KandidatInnen – Tine Wischer (92:33) und Uwe Beckmeyer (108:19) – warf sich Henning Scherf über das Rednerpult. Zu Tine müsse man nicht mehr viel sagen, alle wüßten um ihre Qualitäten als Landesvorsitzende. Aber zu Uwe Beckmeyer: „Der ist umtriebig, belastbar und erreichbar“, das mache ihn für die Bremerhavener Partei zur „zentralen Person“. Deswegen ziehe er als Senator für Häfen, Verkehr und Außenhandel mit der Behörde von Bremen an die Wesermündung. „Wir sind ein Zwei-Städte-Staat, und Bremerhaven muß endlich gleichwertig behandelt werden“, predigte Scherf in den Vegesacker Strandlust-Saal, und der Beifall der GenossInnen war ihm sicher. Lenz und Skribelka hätten die Stadt an die Schwarzen verkauft, Beckmeyer könne sie bei der Kommunalwahl Ende September wieder zurückgewinnen. ufo