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Totentanz mit Huhn

■ „IV. Offene Videosalon“: Wenn Bremens AmateurInnen zur Kamera greifen

„Frau Riefenstahl mag's gern brachial“: Die 51 Sekunden professionell gemachter Computeranimation haben schon im Vorfeld des „IV. Offenen Videosalons“ für Aufregung gesorgt, denn das monströse Computerwesen mit den drei Augen und dem verknotbaren Busen wurde – vermutlich von politisch korrekten Kreisen – flugs als frauenfeindlich entlarvt. Auf mancher Plakatankündigung für den Videosalon klafft schon ein großes Loch, das umstrittene Foto wurde kurzerhand herausgeschnitten. Wie dem auch sei: Mit Leni Riefenstahl hat der Ulk von Bea Schlingelhoff (Zeichnungen) und Jürgen Drews (Realisation) gar nichts zu tun.

„Offen“ nennt sich auch der diesjährige „Videosalon“, der mittlerweile zum vierten Mal stattfindet, weil es keine Auswahljury gibt, die über die Einsendungen ästhetisch zu Gericht sitzt. Gezeigt wird alles – es darf bloß nicht länger als zehn Minuten sein. Kein Wunder also, daß sich unter den Produktionen allerlei findet, daß schon das Prädikat „gut gemeint“ nur mit Mühe für sich in Anspruch nehmen kann. Auf zwei Abende verteilt, laufen 27 Videos.

Angenehm aus dem hausbackenen Rahmen fällt „Chickenteaser“: In der rauhen Luft der New Yorker Bowery (einfachheitshalber in die Bremer Innenstadt verlegt) treiben Hühnchen ihr Unwesen. Man trifft sich in verruchten Bars, spielt sich den Blues aus dem Leib, kippt dubiose Drinks. Belanglos - wären die Hauptcharaktere nicht tote, verkleidete Hühner, die sich zum Jazz-Soundtrack bewegen wie Marionetten, an Fäden gezogen und zu bizarrem Leben erweckt.

Und dann ist da noch „Presto“. Endlich mal einer (Toni Liesegang u.a.), der versucht, eine kleine Geschichte zu erzählen. Vom Musikstudenten, der sich – dummer Zufall – nackt aus seiner Wohnung aussperrt und nach kleinem Spießrutenlauf zwischen Passanten hindurch wieder hineinwill.

Fast befremdlich hingegen, mit wie wenig sich „Videofix“ zufriedengibt. Tobias Küch und Ronald Gonko, letzterer immerhin HfK-Filmstudent, freuen sich sechseinhalb Minuten lang an den technischen Kinkerlitzchen ihres Video-Bildmischers. Motto: Ich bin mein bester und einziger Zuschauer. Gemischte Gefühle sind also garantiert beim „IV. Offenen Videosalon“. Alexander Musik

Teil 1: heute abend, 21 Uhr, Lagerhaus, KIOTO; Teil 2: 6. Juli, 21 Uhr, Schlachthof, Kesselhalle

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