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„Ganz klar Brandstiftung“

■ Brandverletzter Abschiebehäftling außer Lebensgefahr / War es ein Suicidversuch? Oder ein Versuch, die drohende Abschiebung aufzuschieben?

Das Päckchen Bantam-Tabak liegt noch auf dem Tisch, daneben der anstaltseigene Alu-Aschenbecher, auf dem Betonboden ein weißes Plastikfeuerzeug – Rauchen ist laut Gewahrsamsordnung nicht verboten im Abschiebeknast in der Ostertorwache. Hier hinten, unter dem Glasbaustein-Fenster, ist nichts verbrannt.

Doch vorn, am Rahmen der Zellentür, wölbt sich die Farbe in fetten schwarzen Blasen. An der Tür nämlich lehnten die beiden Kunststoffmatrazen, die als erste brannten. Und sie qualmten so sehr, daß die Polizeibeamten das Feuer schon nach wenigen Minuten bemerkten – in der Nacht auf Samstag, kurz vor 23 Uhr.

Trotzdem hatte der Zelleninsasse, ein 26jähriger Kurde, bereits lebensgefährliche Verletzungen erlitten. Er wurde sofort in eine Spezialklinik für Brandverletzte nach Aachen geflogen. Von dort hieß es gestern, daß der Mann jetzt nicht mehr in Lebensgefahr sei. Auch sei er ansprechbar. Aus psychologischen Gründen hat ihn das Klinikpersonal aber noch nicht auf jenen „Vorfall“ angesprochen.

Auf den mysteriösen Zellenbrand rund elf Stunden vor der geplanten Abschiebung des 26jährigen Kurden. Die Abschiebung war für 10 Uhr am Samstag geplant gewesen. Aus Bayern lag ein Festnahmeersuchen vor, weil das Asylverfahren abgeschlossen war; die Bremer Behörden sollten im Zuge der Amtshilfe abschieben.

Ob der Kurde das Feuer absichtlich gelegt hat oder mit einer Zigarette eingeschlafen ist, sicher weiß das im Moment noch niemand in Bremen. Die Polizei geht jedoch von Brandstiftung aus. Der Mann habe kurz zuvor noch mit Angehörigen telefoniert, damit die ihm einige Habseligkeiten vorbeibringen, berichtet Polizeisprecher Peter Haupt. Man könne doch nicht wenige Minuten nach einem Telefonat schon so müde sein, daß man mit der Zigarette auf dem Bett einschlafe. „Ganz klar Brandstiftung“, sagt deshalb auch Uwe Papencord, Abschnittsleiter Abschiebung beim Stadtamt.

Außerdem, so Papencord weiter, hätten die Matrazen nicht mehr auf den Betten gelegen. Stattdessen fielen sie den Beamten entgegen, als die, gewappnet mit einem Feuerlöscher, die Zellentür öffneten. Die Matrazen seien also vorher ganz offensichtlich zur Tür geschleppt und angezündet worden. „Das war entweder ein Versuch, die Abschiebung zu verhindern – wobei die Sache eben eine Eigendynamik bekommen hat – oder es war ein Suicidversuch.“

Anhaltspunkte für eine Selbstmordabsicht habe aber niemand bei dem jungen Kurden bemerkt, so Uwe Papencord. Weder bei der Festnahme am Donnerstag bei einer Routinekontrolle in der Neustadt, noch bei der Anhörung vor dem Stadtamt am Freitagvormittag, noch auch am Freitagnachmittag beim Termin mit dem Richter, der dann die Abschiebehaft anordnete – nie habe der Kurde einen labilen Eidnruck gemacht, nie habe er von Selbstmord gesprochen, verweist Papencord auf die Protokolle der verschiedenen Behörden.

Sonst hätte man doch öfter nach ihm geschaut, wenn da ein Selbstmordverdacht bestanden hätte, bestätigt auch der Beamte im Abschiebeknast. Schließlich saß der Mann allein in seiner Zelle. In einer sogenannten Gewahrsamzelle – ohne WC und Waschbecken, nur für ein oder zwei Übernachtungen gedacht. „In den anderen Zellen wäre zwar noch ein Platz frei gewesen, aber das hätte da solch eine Unruhe gegeben“, sagt der Beamte. cis

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