Zimmermänner mit Überbreite

■ Extrafutter fürs Auge: CinemaScope-Reihe ab heute im Kino 46/ Über die Kunst, epische Breite auf die Leinwand zu bringen

Wer einmal Manfred Krug in Frank Beyers „Spur der Steine“ mit seiner sechs Mann starken Zimmermanns-Brigade Balla in Western-Manier auf mißliebige SED-Funktionäre zumarschieren sah, ist von der ästhetischen Kraft des Breitwand-Formates sofort überzeugt. Die „Spur der Steine“, eine DDR-Produktion von 1966, läuft im Rahmen der kleinen Reihe „CinemaScope“ im Kino 46. „CinemaScope“ – die Bezeichnung für Filme im Breitwandformat kennt jeder. Weniger bekannt ist schon, daß CinemaScope bloß ein Markenname ist. Der allerdings zum Synonym geworden ist für Bilder mit Überbreite, für Western-Monumentalität und endlose Landschaften.

Ob das optische Verfahren, Filmbilder vom Normalformat (1:1,33) zum Breitwand-Format (1:1,66-1:2,5) zu strecken, nun CinemaScope, Totalscope oder, DDR-Züchtung auf Weltniveau, Totalvision heißt – das Verfahren ist stets das gleiche. Filmbilder, die bei der Aufnahme durch spezielle Optiken komprimiert werden, müssen bei der Projektion entsprechend entzerrt werden. Und wenn der Vorführer vergißt, die richtige Linse vor den Projektor zu setzen, schnurren Figuren und Dekor auf Bleistiftbreite zusammen.

Weitere CinemaScope-Filme in der Reihe: Billy Wilders zum Szene-Hit avancierter Panavision-Film „Eins, zwei, drei“ (1961), Fellinis „La dolce vita“ (1960) und Sergio Corbuccis Italo-Western „Leichen pflastern seinen Weg“ (1968). Gelegenheit also, etwa jenes furiose Trio James Cagney, Horst Buchholz und Liselotte Pulver in „Eins, zwei, drei“ noch einmal zu sehen und darüber zu staunen, daß Wilder sich bei seiner auf wenige Schauplätze beschränkten Groteske für das Scope-Format entschieden hat.

Doch die Entscheidung muß nicht zwangsläufig in seinen Händen gelegen haben: Denn als in den 50er Jahren der Siegeszug des breiten Bildes begann, aus ästhetischen Gründen, vor allem aber aus ökonomischen, war das die Kampfansage der Studios an den gefährlich auftrumpfenden Rivalen Fernsehen. Kein TV-Schirm konnte die neuen Breitformate ansprechend wiedergeben. Die schwarzen Balken an den Rändern der Mattscheibe, die z.B. bei James Bond-Streifen schon grotesken Umfang annehmen, sagen bis heute alles über die Achillesferse des Heimkinos.

Die Kunst, mit CinemaScope-Bildern umzugehen, ist freilich nicht jedem Filmemacher gegeben. Nicht automatisch verdichten sich etwa überbreite, monumentale Landschaftsaufnahmen zu einem episch breiten Atem. Wenn heutzutage, wie etwa bei den „Mediocren“, das breite Format gewählt wird, lautet die Regie-Begründung: Wo die Figuren schon immer in ihren Wohnungen hocken, soll ihnen wenigstens das Filmformat ein bißchen Luft verschaffen! Alexander Musik

Beginn heute um 20 Uhr mit „Spur der Steine“