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„Die Möglichkeit zur Korrektur geben“

■ Der stellvertretende Vorsitzende des Schönefeld-Untersuchungsausschusses, Klaus Riebschläger (SPD), zu widersprüchlichen Aussagen bei der Untersuchung

Eine Wende im Schönefeld-Untersuchungsausschuß brachte am vergangenen Mittwoch die erneute Befragung des ehemaligen Geschäftsführers der Berlin-Brandenburg-Flughafen Holding (BBF), Knut Henne. Dieser versicherte, den Aufsichtsrat über alle Grundstückskäufe informiert zu haben. Seine Darstellung steht im Widerspruch zu Aussagen, die Brandenburgs Finanzminister Klaus Kühbacher (SPD), der ehemalige Lufthansa-Chef Heinz Ruhnau und der frühere Aufsichtsratsvorsitzende und brandenburgische Wirtschaftsminister Walter Hirche (FDP) vor dem Ausschuß gemacht hatten.

taz: Gab es bei den Grundstücksverkäufen Manipulationen?

Klaus Riebschläger: Darum geht es im Augenblick nicht. Herr Henne hat in der zweiten Vernehmung den bisherigen Eindruck, die Geschäftsführung habe den Aufsichtsrat schlecht informiert, eindeutig korrigiert.

Warum erfolgte eine zweite Befragung?

Herr Henne fühlte sich offenbar durch die Aussagen von Aufsichtsratsmitgliedern in seiner Ehre getroffen. Beim zweiten Mal hat er anhand detaillierter Unterlagen nachweisen können, daß er in heiklen Fragen stets Rücksprache mit dem Aufsichtsrat gehalten hat. Bislang hatten wir den Eindruck: Na gut, das eine oder andere widerspricht sich, paßt noch gerade zusammen. Aus der Tatsache, daß Herr Henne auch vereidigt wurde, folgt für uns: Die Aussagen der Aufsichtsratmitglieder können nicht zutreffen.

An wen denken Sie da?

Hirche, Kühbacher, Ruhnau und andere. Es muß jetzt klargestellt werden, ob der Aufsichtsrat bei den Grundtückskäufen nur von einem begrenzten Mandat ausging oder tatsächlich umfassend unterrichtet war. Ansonsten müssen wir die Staatsanwaltschaft einschalten.

In einem internen Vermerk der Landesentwicklung-Gesellschaft Brandenburg (LEG) vom Dezember 1991 warnt ein leitender Beamter davor, die Grundtückskäufe würden einen künftigen Großflughafen Schönefeld präjudizieren. Dies widerspreche der Intention Brandenburg.

Merkwürdig ist doch, daß das anfänglich wilde Engagement von Herrn Henne in der Frage der Grundstückskäufe – das er selbst bestreitet, von dem wir aber ausgehen – in einer bestimmten Phase aufgegeben und selbst die Verwertung der erworbenen Flächen ausgebremst wurde. Das scheint mir ein Indiz für eine Umorientierung auf Sperenberg zu sein, dem sich offenbar auch die ürsprünglichen Schönefeld-Befürworter im Aufsichtsrat anschlossen.

Aber wenn Brandenburg von Anfang an gegen Schönefeld war, hätten ihre Mitglieder im Aufsichtsrat dann nicht die Grundstückskäufe von vorneherein unterbinden müssen?

Anfang 1992 lagen ja die Alternativen für einen neuen Großflughafen (Schönefeld, Jüterbog oder Sperenberg – die Red. ) noch nicht auf dem Tisch. Das LEG-Schreiben weist nur darauf hin, daß durch vorzeitige Investitionsentscheidungen für Schönefeld etwas vorweggenommen werden könnte, was man später vielleicht bedauert.

Wann tritt die Staatsanwaltschaft in Aktion?

Wenn die Widersprüche bis zum Schluß nicht ausgeräumt werden können, müssen wir wohl die Justiz einschalten. Zunächst sollten den Betroffenen die Möglichkeit zur Korrektur erhalten. Möglicherweise es wird daher – entgegen der ursprünglichen Absicht – noch drei weitere Sitzungen geben. Interview: Severin Weiland

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