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Unterm Strich

Weil das surrealistische Zsammentreffen von Reichstagsverhüllung und Love Parade auf dem Seziertisch mangels zeitlicher Überschneidung nicht stattfinden wird, kam es am gestrigen Donnerstag zu einem vorgezogenen Raving-The-Reichstag-Massentanz – modern, aber ökologisch! Alle Raver hatten Kopfhörer und bewegten sich lautlos zu einer Zentralmusik, die per Infrarot von einer rollenden Musikanlage übertragen wurde. Die Veranstalter, schon im voraus: „Die europäische Kunstform der Neunziger wird dem Christo-Projekt zeigen, wo die Energie verbleibt, wenn die Plane geht.

Etwas Energie ist aber auch ins Internet eingeflossen, wo Wrapped Reichstag desgleichen ein Hit war und sogar rege Diskussionen ausgelöst hat. Aus einer Bilanz der TU Berlin ergibt sich die Zahl von rund 1,4 Millionen Datenzugriffen von etwa 25.000 Computern all over the world. Wie viele Menschen sich hinter dieser Zahl verbergen, vermögen die TU-Statistiker bislang nicht zu berechnen, bloß zu schätzen: 50.000 bis 100.000 virtuelle Reichstagsbesucher. Neben einer breiten Zustimmungsfront finden sich im Internet aber auch kritische Stimmen: „Einpacken, mitnehmen samt Inhalt und anstelle der Brent Spar versenken“, hackte ein anonym bleibender User in die Umlaufbahn. Ein Absender, der sich Erich Mielke nennt, empfiehlt eine „traditionsgemäße Inbrandsetzung des Gebäudes“, nachdem zuvor alle Parlamentarier auf ihre Plätze gesetzt worden seien. Jim Leipic aus Deerfield Beach in Florida: „Wenn die Aktion das Ziel hatte, die Weltöffentlichkeit zu faszinieren, dann ist sie mißlungen, denn in unserer Lokalzeitung in Fort Lauderdale war nur ein kleines Foto auf der letzten Seite.“

Otto Mainzer ist tot. Wie sein Verlag Stroemfeld/ Roter Stern mitteilt, ist der Schriftsteller, der vor den Nazis fliehen mußte, bereits am 28. Juni in New York im Alter von 91 Jahren gestorben. Stroemfeld hatte es 1989 gewagt, den 700 Seiten starken Roman „Prometheus“ herauszubringen, in dem Mainzer seine Theorien über die Liebe in eine spannende Handlung verpackt und dabei auch viel von den Erfahrungen seiner Pariser Exilzeit verwertet hatte. Die Folge war eine ungewöhnlich späte Entdeckung. Eine mehrbändige Autobiographie liegt noch in der Schublade.

Berlins Kultur soll künftig aus einem neu einzurichtenden „Hauptstadt-Kulturfonds“ mitfinanziert werden. Das wurde auf einem sogenannten Spitzentreffen in Bonn ausbaldowert, an dem auch Berlins BM Diepgen und Kanther beteiligt waren. Staatsoper Unter den Linden, Deutsche Oper und das Deutsche Theater können künftig mit einer Bundesfinanzierung rechnen, auch der Ausbau des Martin-Gropius- Baus zu einer repräsentativen Ausstellungshalle wird so finanziert. Ferner ist das Haus der Kulturen der Welt jetzt in seiner Existenz gesichert.

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