: Wenn Frauen gemeinsam spekulieren
■ Geld ist Macht – eigene Clubs und Anlagedienste verhelfen Frauen dazu
Berlin (taz) – Sie lesen zusammen die einschlägigen Börsennachrichten und diskutieren, ob sie lieber Brau-und-Brunnen- oder Bewag-Papiere kaufen. In Bremen spekulieren Frauen gemeinsam. Seit vier Jahren treffen sie sich alle vier Wochen, um ihr Geld zu mehren. Der Einsatz liegt bei 100 bis 500 Mark pro Person, über fünfzig Frauen sind an den zwei Gruppen beteiligt.
„Die Clubs sind sehr erfolgreich“, bilanziert Bärbel Hartz von „das finanzkontor gmbh“. Zusammen mit ihren Kolleginnen hatte sie 1991 eine kleine Anzeige in die Zeitung gesetzt und dann völlig perplex den Ansturm von achtzig Interessentinnen registriert. Während im letzten Jahr fast alle professionellen Investmentfonds ein Minus von durchschnittlich etwa zehn Prozent einfuhren, machten die Bremer Frauen immerhin ein Plus von mehr als zwei Prozent. Derivate wie etwa Optionsgeschäfte sind dabei für sie tabu, da zu risikoreich; nur Aktien befinden sich in ihrem Portefeuille.
Heide Härtel-Herrmann vom Frauenfinanzdienst in Köln will Frauen motivieren, den niedrigstverzinsten Sparbüchern ade zu sagen. „Das ist doch ein Verarschprodukt, das nur den Banken nützt“, urteilt sie unverblümt. Im persönlichen Gespräch mit ihren Kundinnen sucht sie das Angebot auf dem Finanzmarkt, das dem Interesse und Geldbeutel der jeweiligen Frau am besten entspricht. „Geld ist Macht, und mein politischer Anspruch ist es, daß Frauen über diese Macht selbst verfügen“, sagt sie. Spezielle Angebote für Frauen gebe es hierzulande nur, wenn die Investorinnen freiwillig auf einen Teil des Gewinns verzichteten. Das aber sei wieder das alte weibliche Muster. „Ich will die Frauen nicht davon abhalten, viel Geld zu verdienen“, formuliert Härtel-Herrmann ihre Ziele.
Anders die Frankfurter Ökobank. Sie hat einen Frauen-Sparbrief für 1.000 Mark auf den Markt gebracht. Die Einlagen werden als verbilligte Kredite an Frauenprojekte weitergegeben. Dafür fällt die Rendite für die SparbriefkäuferInnen allerdings deutlich niedriger aus, als wenn sie das Geld nach Gewinnkriterien anlegen würden. Bei einer Laufzeit von einem Jahr bekommen die Investorinnen nur 1,5 Prozent Zinsen, wenn sie das Geld zehn Jahre lang anlegen, sind es 3,7 Prozent.
„Was gesellschaftspolitisch gewünscht wird, muß auch von vielen getragen werden“, erläutert Pressesprecherin Jutta Gelbrich das Konzept. Gefördert wird ein Wohnprojekt für alleinerziehende Mütter in Ostdeutschland ebenso wie eine von Frauen betriebene Windkraftanlage. Aber auch kleinere Vorhaben wie Woll- oder Bioläden erhalten günstiges Geld. „Ziel ist es, Frauen als wirtschaftliche Subjekte zu unterstützen“, so Gelbrich. Wer was bekommt, entscheidet ein unabhängiger, mit Frauen besetzter Beirat. Annette Jensen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen