: Besetztes Haus gesprächsbereit geräumt
■ Der Leerstand in der Oderberger Straße wurde vom Wohnungsamt genehmigt
Wohnungen polizeilich räumen zu lassen und trotzdem gesprächsbereit sein – zu solcherlei Dialektik zeigte sich gestern der Eigentümer der Oderberger Straße 46, Martin Lischetzki, in Prenzlauer Berg in der Lage. Der Architekturprofessor aus Bottrop erklärte nach einem längeren Telefonat mit Baustadtrat Klipp zwar seine Bereitschaft, über die Wiedervermietung von zwölf leerstehenden Wohnungen zu verhandeln. Eine Stunde später freilich räumte die Polizei die seit Mittwoch besetzten Wohnungen.
Wohnungen hatten in der Oderberger Straße 46 bereits seit Mitte 1994 leergestanden. Eine Bewohnerin meldete dies im Mai Jahres beim Bezirksamt. Bei einer Begehung Ende Juni stellte ein Mitarbeiter des Sanierungsträgers S.T.E.R.N. fest, daß ein Teil der Wohnungen durch das Herausreißen von Öfen unbewohnbar gemacht worden war. Das Wohnungsamt genehmigte den Leerstand mit der Auflage, bis August und September wieder Wohnraum der Vermietung zuzuführen. Im Bezirksamt will man dem forschen Eigentümer nun klarmachen, daß Frechheit nicht immer siegt. Am kommenden Donnerstag will man am Runden Tisch dann erneut über den Leerstand in der Oderberger Straße 46 beraten. Mit dabei könnten dann auch die Mieter dreier Häuser sein, die die Eigentümerdialektik von Lischetzki bereits am eigenen Leib erfahren haben.
Sowohl in der Senefelder Straße 3, der Zionskirchstraße 10 und der Kopernikusstraße 14 hat Lischetzki den verbliebenen Mietern in der Oderberger Straße 46 bereits im Januar Ersatzwohnungen angeboten. Zum Mietpreis von 15 Mark pro Quadratmeter kalt. Die Begründung des Architekturprofessors für diesen illegalen Entmietungsversuch: „Im Rahmen von Wohnungszusammenlegungen wird ihre jetzige Wohnung leider keinen Bestand haben. Ab April 1995 müßten Sie Ihre Wohnung räumen.“ Kommentar von Baustadtrat Mathias Klipp: „Der muß wissen, daß die Oderberger Straße im Sanierungsgebiet liegt. So schnell bekommt der keine Baugenehmigung.“ Uwe Rada
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