: Hungerstreik im Asyl
■ Staatsrat für Soziales: „Form der Restriktion gewollt“
Der Streit um die Verpflegung im Flüchtlingswohnheim in Mahndorf spitzt sich zu. Gestern sind 17 Familien in den unbefristeten Hungerstreik getreten. Die Forderung nach Selbstverpflegung steht dabei nach wie vor im Mittelpunkt. Etwa 40 Flüchtlinge demonstrierten gestern vor dem Haus der Bürgerschaft für eine „menschenwürdige Unterbringung“. Dazu gehört für sie die Selbstverpflegung. „Jeden Tag gibt es Kartoffeln und Reis“, schimpft eine junge Frau.
In der Tat stehen auf dem Speiseplan der Arbeiterwohlfahrt (AWO), dem Betreiber des Heims, an fünf Tagen der Woche Reis und Kartoffeln. Dazu gibt es Eieromelette, Spinat, Lammleulenbraten Hähnchenkeule, Fischfilet und Putengulasch. „Wir erkennen an, daß dieses Essen mühevoll zubereitet ist. Aber es ist einfach nicht nach unserem Geschmack“, sagt eine Heimbewohnerin. Hannelore Schmeling, Heimleiterin der AWO, versteht die Kritik nicht. „Wir gehen auf die Wünsche der Bewohner ein, wo wir können“, versichert sie. Es gebe Gemüse und Obst je nach Jahreszeit. Daß es im Heim drei Frauen geben soll, die – nach Angaben der Flüchtlinge – an Unterernährung leiden, kann sie nicht glauben. Ihr sei einmal ein Attest vorgelegt worden, auf dem der Arzt daraufhin gewiesen habe, daß die Frau kein Leitungswasser trinken dürfe. „Hier muß niemand Leitungswasser trinken“, betont sie.
„Wenn es Frauen gibt, die unter Mangelerscheinungen leiden, muß was gemacht werden“, sagt Sozial-Staatsrat Hans-Christoph Hoppensack. Die Forderung nach Selbstverpflegung und der Öffnung der Küchen des Heimes kommt für ihn nicht in Frage, obwohl diese Lösung „billiger wäre“. „Diese Form der Restriktion ist gewollt“, gibt Hoppensack zu. „So traurig das ist.“ Die Vollverpflegung schreibe das Gesetz vor. Außerdem „sollen keine Bedingungen geschaffen werden, die Bremen für Flüchtlinge attraktiver machen“. Essensgutscheine will er nicht verteilen lassen: Damit habe die Behörde schlechte Erfahrungen gemacht. Die Gutscheine seien „nur versilbert“ worden. Auch die Forderung nach einem Münztelefon – wegen des ortsüblichen Tarifs von 23 Pfennig pro Einheit – stößt bei ihm auf taube Ohren. Derzeit zahlen die Heimbewohner für eine Einheit des Clubtelefons 50 Pfennig. „In der Nähe des Heims gibt es Fernsprecher. Da können die Leute hingehen.“ Monatskarten seien ebenfalls nicht drin. „Wir sind dicht daran, für Sozialhilfeempfänger und Asylbewerber verbilligte Karten zu bekommen. Wenn das durch ist, profitieren auch die Flüchtlinge davon. Vorher gibt es keine Extras.“ Die Behauptung der Flüchtlinge, sie bekämen selbst für Behördengänge keine Fahrkarten, hält er für „Schwindel“. kes
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