Ozon-Kuren bundesweit

■ Bundesrat stimmt Sommersmoggesetz zu: Kein Tempolimit und Fahrverbot mit vielen Ausnahmen

Bonn (taz/AFP/AP) – Nun hat es auch der Bundesrat beschlossen: Bei Sommersmog gibt es kein Tempolimit. Autos ohne geregelten Katalysator dürfen ab einer Ozonkonzentration von 240 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft eigentlich nicht mehr fahren. Generelle Ausnahmen gibt es aber beispielsweise für den öffentlichen Personennahverkehr, für Ärzte, Krankenwagen und Taxis. PendlerInnen und UrlauberInnen sind nur dann ausgenommen, wenn sie nicht auf andere Weise ihr Fahrziel erreichen können. Wer gegen das Fahrverbot verstößt, muß mit Bußgeldern bis zu 1.000 Mark rechnen. Autos, die fahren dürfen, brauchen eine amtliche Plakette. Das Ozongesetz tritt voraussichtlich Ende Juli oder Anfang August in Kraft.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace nannte das Gesetz einen „Anschlag auf die Gesundheit besonders der Kinder, Senioren und Atemwegskranken“. Bayerns Umweltminister Thomas Goppel (CSU) räumte ein, auch er sei gegen die vielen Ausnahmen, weil diese „nicht kontrollfähig“ seien. Für die Bundesregierung verteidigte Umweltstaatssekretär Walter Hirche (FDP) die Ausnahmen als unvermeidlich. Bundesumweltministerin Angela Merkel war zufrieden: „Die Ozon- Kleinstaaterei hat ein Ende.“ – Mit Niedersachsen, dem Saarland und Brandenburg stimmten auch drei SPD-regierte Länder dem Gesetz gegen Sommersmog zu. Der Leiter der niedersächsischen Staatskanzlei, Willi Waike, begründete die Zustimmung seines Landes ganz im Sinne von Merkel: Der „Flickenteppich“ unterschiedlicher Regelungen verschwinde jetzt bald. In Baden-Württemberg führte die Zustimmung der Landesregierung zu dem Kompromißvorschlag zu Streit in der großen Koalition. Der Wirtschaftsminister und SPD-Politiker Dieter Spöri warf Ministerpräsident Erwin Teufel einen „eklatanten Bruch“ der Koalitionsvereinbarung vor. Dies wies der Regierungschef zurück: Die Zustimmung von SPD-geführten Ländern zeige, daß es bei der Abstimmung „nicht um eine zwischen CDU und SPD umstrittene Frage von grundsätzlicher Bedeutung ging“.

Das Europaparlament verabschiedete gestern in Straßburg einen weitergehenden Antrag. Ab 180 Mikrogramm würden nach dem Vorschlag regionale oder nationale Fahrverbote verhängt, Beschäftigte im Freien sollen das Recht haben, ihre Arbeit einzustellen. Der Beschluß ist aber nicht bindend. rem