Ferienende für Biggs?

Der britische Posträuber soll von Brasilien ausgeliefert werden. Ein Studium seines Sohnes könnte ihn retten  ■ Von Ralf Sotscheck

Rio de Janeiro/Berlin (Reuter/ taz) – Die Außenminister Großbritanniens und Brasiliens haben gestern in London über ein Abkommen verhandelt, das die Auslieferung des Posträubers Ronald Biggs ermöglichen soll. Das Papier sollte am Abend unterzeichnet werden. Ob der 65jährige aber wirklich in seine Heimat zurück muß, ist ungewiß. Es könnte sein, daß die 30jährige Haftstrafe, zu der Biggs verurteilt worden war, nach brasilianischem Recht längst verjährt ist. Das letzte Wort hat der Oberste Gerichtshof in Rio.

Biggs hatte in der Nacht zum 8.August 1963 mit 14 Kumpanen den Postzug überfallen, der von London nach Glasgow fuhr. Die Bande erbeutete dabei 2,5 Millionen britische Pfund. Doch steinreich sei er dadurch nicht geworden, hat Biggs stets beteuert: Die Flucht vor Scotland Yard habe ihn viel Geld gekostet. „Diebe fressen sich gegenseitig auf“, sagte er.

Im Juli 1965 wurde Biggs mit Waffengewalt aus dem Hochsicherheitsgefängnis Wandsworth befreit. Er versteckte sich in Zürich, Paris, Tel Aviv, Bombay und Sydney. Die Idee, sich an der Copacabana zur Ruhe zu setzen, kam Biggs 1970 beim Durchblättern eines Urlaubskatalogs in Australien. Seitdem blieb das Glück ihm treu: Als Scotland Yard 1973 seine Auslieferung beantragte, war er bereits Vater eines anglo-brasilianischen Babys namens Mike und durfte deshalb nicht den britischen Behörden überstellt werden. Seinen Lebensunterhalt bestreitet er als Touristenführer: Journalisten müssen hundert Dollar pro Interview zahlen, Touristen können gegen harte Währung einen Nachmittag mit ihm verbringen. Sein zweitgrößter Coup: Er machte im brasilianischen TV für Diebstahlversicherungen Reklame.

„Baby Mike“ könnte Biggs nun erneut vor der Auslieferung retten: Der inzwischen 20jährige will nämlich studieren. Dadurch wäre er wieterhin finanziell von seinem Vater abhängig und Scotland Yard könnte den Auslieferungsantrag wieder einmotten.