piwik no script img

Als-ob-Ozonpolitik

■ Michael Müller (SPD) droht mit Nachspiel zum umstrittenen Ozongesetz

Bonn (taz) – Nichts ärgert die sozialdemokratische Opposition im Bundestag mehr als SPD-Ministerpräsidenten, die im Bundesrat in strittigen Fragen mit der Regierung Kohl gegen die eigene Bundestagsfraktion stimmen. Über die Zustimmung der SPD-Länder Brandenburg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Saarland zum Ozongesetz der Umweltministerin Angela Merkel (CDU) am vergangenen Freitag platzte dem umweltpolitischen Sprecher der SPD- Bundestagsfraktion, Michael Müller, der Kragen: Gestern kündigte er an, das Verhalten der vier SPD- Ministerpräsidenten werde beim SPD-Parteitag im Herbst „ein Nachspiel haben“.

Keinerlei Verständnis hat Müller dafür, daß die vier Länder die „Tricksereien“ der Bundesregierung unterstützten. Das Ozongesetz hält er für Augenwischerei und ein typisches Beispiel einer „Als-ob-Politik“. Zwar sei der Ozon-Grenzwert für Fahrverbote für Wagen ohne Katalysator von 270 auf 240 Mikrogramm gesenkt worden. Gleichzeitig sei durch eine interne Anweisung aber das Meßverfahren auf europäische Regeln umgestellt worden, wodurch nun der tatsächliche Grenzwert bei 278 Mikrogramm liege. Der Wert sei in den vergangenen zehn Jahren wahrscheinlich nicht einmal erreicht worden.

Den Bundeswirtschaftsminister Günter Rexrodt (FDP) forderte Müller gemeinsam mit seinem Fraktionskollegen, dem „Eurosolar“-Präsidenten Hermann Scheer, zum Rücktritt auf. Rexrodt sei das größte Hindernis für die notwendige ökologische Neuordnung der Energiepolitik in Deutschland, äußerte Müller.

Scheer wies darauf hin, daß der letzte deutsche Photovoltaik-Produzent seinen Sitz Ende des Jahres in die USA verlege. „Die Photovoltaik-Industrie verschwindet, die Bundesregierung tut nichts“, kritisierte er. Potentiell könne dieser Industriezweig die heutige Größenordnung der Automobilindustrie erreichen, aber nur in den USA und in Japan gebe es eine Photovoltaik-Massenproduktion, sagte Scheer. Hans Monath

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen