: Verstärkung für Žepa
■ Akashi: UNO kann bosnische Enklaven nicht verteidigen
Split (taz) – Totgesagte leben länger. Trotz der ständigen Wiederholungen von Meldungen aus dem UNO-Hauptquartier, die ostbosnische Enklave Žepa wäre kurz vor dem Fall, schätzen bosnische Militärs die Lage weniger dramatisch ein. Žepa liege in einem Tal und sei von Bergen umgeben, die von der bosnischen Armee kontrolliert würden. „Die Serben können in diesem Gelände nur in geringem Maße ihre Panzer einsetzen“, erklärte ein Sprecher des II. Armeekorps in Tuzla. Žepa könne sich noch einige Wochen halten, denn die serbischen Militärs scheuten Infanterieangriffe, wenn sie nicht ihre Überlegenheit bei der Artillerie und bei den Panzern ausspielen könnten. Außerdem seien rund 1.000 Mann aus Srebrenica nach Žepa gelangt und unterstützten die Verteidigung der Enklave.
Es geht den bosnischen Militärs offenbar um Zeitgewinn. Denn hielte sich Žepa, wüchse der Druck innerhalb der internationalen Gemeinschaft, der Nato freie Hand zu geben, doch noch Luftangriffe zu fliegen. Dabei schätzt man die Chancen für erfolgreiche Luftangriffe gut ein. Die serbischen Streitkräfte müßten allerdings massiv unter Druck gesetzt werden. „Auf solche Showaktionen wie in Srebrenica kann verzichtet werden. Da wurden die Flugzeuge erst nach dem Fall der Stadt eingesetzt“, erklärte der Sprecher.
Unterdessen nahmen serbische Truppen einige der ukrainischen Blauhelmsoldaten als Geiseln. Und auch auf der Seite der bosnischen Verteidiger sollen ukrainische Soldaten als Geiseln genommen worden sein. Während die Serben die Ukrainer als lebende Schilde benutzen wollen, um einen Nato-Luftangriff zu verhindern, fordert die bosnische Seite gerade dies – eine schwierige Situation für die Geiseln.
Bosnische Journalisten zweifelten jedoch die Richtigkeit der Angaben an. Denn noch am Sonntag hatten die ukrainischen Truppen nach Angaben des bosnischen Rundfunks in Sarajevo einen Teil ihrer schweren Waffen an die Verteidiger Žepas mit den Worten übergeben: „Wir haben zwar keinen Befehl, wir können aber nicht tatenlos zusehen, wie ihr geschlachtet werdet.“ So bestünde ein eher freundschaftliches Verhältnis zwischen den Blauhelmsoldaten und den bosnischen Streitkräften.
Der Kommandeur der UN- Blauhelme in Bosnien, der französische General Bernard Janvier, will unterdessen die 79 Blauhelmsoldaten aus Žepa abziehen. Nach einem Meinungsaustausch mit der Nato-Spitze sagte der General am Mittwoch in Brüssel: „Man soll die ukrainischen Blauhelme abziehen, wie es bereits mit den niederländischen [in Srebrenica] passiert ist.“ Janvier sagte nicht, wann und wie die Soldaten abgezogen werden sollten.
Auch für den UN-Sondergesandten Yasushi Akashi ist Žepa schon abgehakt. Nach dem Fall von Srebrenica stehe jetzt der Fall von Žepa bevor, sagte Akashi, der ebenso wie Janvier zu dem Treffen mit den Botschaftern der Allianz und Nato-Generalsekretär Willy Claes nach Brüssel gereist war. Die UN-Blauhelme seien nicht in der Lage, die Angriffe der Serben auf die ostbosnischen Enklaven zu verhindern. Beschlüsse wurden auf dem Brüsseler Treffen, das der Vorbereitung der Kontaktgruppen-Sitzung am Freitag diente, nicht gefaßt. Erich Rathfelder
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen