: Hoteldirektoren streiten
■ Streit um Tourismus-Marketing / Desaster bei Finanzierungskonzept
Hinter den Kulissen der Berlin- Tourismus-Marketing-GmbH (BTM) tobt ein sommerliches Kleingefecht. Nachdem kürzlich der Chef der 14 in der Dial-Gruppe zusammengeschlossenen Großhotels, Alfred Weiss (CDU), das Konzept von Wirtschaftssenator Norbert Meisner (SPD) für gescheitert erklärt hatte, keilte gestern der BTM-Förderkreis zurück. Im vornehmen Ambiente des „Steigenberger“ forderte der Generaldirektor des Palace-Hotels, Karl Stiehle, den Dial-Chef auf, seinen „Privatkrieg“ mit Meisner „nicht auf der touristischen Bühne“ auszutragen. Wie prekär die Lage der BTM ist, zeigt die Zahlungsmoral des Gewerbes: Die 20 kleineren und mittleren Hotels des Förderkreises sind derzeit die einzigen, die ihre freiwillige Jahresabgabe von rund einer Million Mark an die BTM leisten. Dagegen zog die Dial-Gruppe ihren versprochenen Obolus von 1,9 Millionen Mark zurück, wodurch der Etat der BTM für 1995 auf 7,5 Millionen Mark schrumpfte. Das ohnehin schmale Budget dürfte noch weiter zurückgehen: Der derzeit 4,75 Millionen Mark umfassende Etat der Senatsverwaltung für Wirtschaft verringert sich ab 1996 um weitere 250.000 Mark pro Jahr.
In seiner offenbar auch parteipolitisch motivierten Attacke gegen den Wirtschaftssenator hatte Weiss das angeblich ungenügende Mitspracherecht der Großhotels in der BTM beklagt und von einem unverhältnismäßig großen Einfluß der kleineren Unternehmen gesprochen. Anlaß für die Hauskämpfe ist die anstehende Änderung der Gesellschafterstruktur. Mit der Begastro, Pro Berlin, Handeln für Berlin und dem Berlin Convention Bureau wollen vier Vertreter im elfköpfigen Aufsichtsrat ihr Mandat zurückgeben. Aus Sorge, die Dial-Gruppe könnte die vakanten Plätze beanspruchen, fordert nun der noch nicht im Aufsichtsrat vertretene BTM-Förderkreis einen Sitz. Wenige Monate vor der Wahl zeichnet sich immer mehr das Desaster der 1993 gegründeten BTM ab. Von Anfang an setzte sich Meisner mit seiner Konstruktion für die neue Tourismuswerbung zwischen alle Stühle: So wurde eine gesetzliche Zwangsabgabe von den kleineren Pensionsbetreibern schon bald auf juristischem Wege zu Fall gebracht. Folge: Von den 440 Hotels und Pensionen der Stadt mit 46.000 Betten hält nur der Förderkreis der BTM die Treue.
Um die Finanzierung zu streuen und auch finanzschwachen Hotels den Einstieg in die BTM zu erleichtern, verlangt der Förderkreis nunmehr, die freiwillige Zahlungsverpflichtung von bisher fünf auf ein Jahr zu verkürzen. Angesichts der mangelnden Auslastung sollen die Hotels ihre Beiträge auch nicht mehr nach den vorhandenen, sondern nur noch nach den gebuchten Zimmern an die BTM abführen.
Frustriert ist die Branche auch wegen des Chaos der nebeneinander agierenden Marketinggesellschaften – BTM, Wirtschaftsförderung Berlin (WFB), Berliner Absatzorganisation (BAO) und Partner für Berlin (PfB). Erst am Mittwoch forderte CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky, nach den Wahlen im Oktober die fünf Organisationen unter einem Dach zu vereinigen. In die muntere Debatte mischte sich gestern nun auch der Vorstand des Förderkreises mit einem eigennützigen Vorschlag ein: Dafür sei die BTM der richtige Ort. Severin Weiland
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