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SanssouciVorschlag

■ Ningali im HKW: Show-Bizz und Aborigines-Tradition

Ningalis Totemzeichen ist die Schlange. Ihre Mutter hat es ihr gegeben, sie hat von der Schlange geträumt, als sie schwanger war. Das Muttermal an Ningalis Fuß ist genau die Stelle, an der sie das Tier im Traum geschlagen hatte. „In unserer Religion hat die Schlange die Welt erschaffen“, sagt Josie Ningali Lawford, die 27jährige aboriginal australische Solo-Performerin, die noch bis morgen im Haus der Kulturen der Welt gastiert. Ihre Kunst und ihre Strategie ist es, Gegensätze zu verschmelzen. Sie nennt sich eine Christin und lebt mit der Mystik ihrer Vorfahren, sie integriert traditionelle Tänze in ein Theaterstück und besingt gleichzeitig das Rodeospektakel in Countryliedern; ihr Stück heißt „Ningali“ wie sie, und darin spricht sie alle Sprachen, die sie beherrscht: Walmatjarri oder Wangkatjungka oder Englisch und natürlich die Synthese: Kreol.

Ningali bringt die verschiedenen Welten zusammen. Dies ist ihr Beitrag zum Antirassismus. „Die Minderheiten müssen die Mehrheiten immer aufklären“, sagt sie. „Das ist schwer.“ Geboren wurde sie in der australischen Wüste, aufgewachsen ist sie auf einer Viehstation, auf der ihr Vater Aufseher war. Mit 13 wurde sie nach Perth auf die Schule geschickt, bis dahin hatte sie noch nie Englisch gesprochen. Sie hat den Schock überlebt. Vier Jahre später machte sie den größten denkbaren geographischen Sprung von der Wüste ins Eis – bekam sie doch ein Stipendium ausgerechnet in Anchorage in Alaska. „Man kann das Mädchen aus dem Land herauholen, aber das Land nicht aus dem Mädchen.“ Zurück in Australien, wird sie Tänzerin, Schauspielerin, Mutter. Ningali ist eine große Vermittlerin. Spielerisch läßt sich von ihr lernen, und sei es nur die Einsicht in das komplizierte Verwandtschaftssystem der australischen UreinwohnerInnen: Alle vier Generationen gibt es in der Mutter-Tochter-Linie eine Wiederholung, deshalb nennt die Urgroßmutter ihre Urenkelin Mutter. „Hier in Berlin ist Kultur geschichtsbezogen, christlich, der goldene Engel auf der Siegessäule, solide Architektur, alles ist auf lange Zeit geplant. Bei uns ist die Bedeutung von Kultur, ganz ich zu sein, Sonne, Erde, Wiedergeburt.“ Waltraud Schwab

Noch heute und morgen, 20 Uhr, Haus der Kulturen der Welt, John-Foster-Dulles-Allee 10, Tiergarten

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