■ Zum Rücktritt dreier korruptionsverdächtiger Opel-Bosse: Wer sucht, der findet
Daß deutsche Wirtschaftsführer in einem Dauer- Bestseller als „Nieten in Nadelstreifen“ tituliert werden – na schön, damit kann die Gemeinschaft der Mittelmäßigen leben. Daß sie jetzt aber obendrein als korrupte Nieten in Nadelstreifen dastehen, läßt die Standort-Deutschland-Ideologen nun doch in Habachtstellung gehen. Hat man sich hierzulande doch gerne im Deutschen-Klischee gesuhlt: fleißig, pünktlich, sauber und gewissenhaft zu sein. Korrupt waren die anderen, die Italiener zumal und all diese Sombrero- und Turbanträger, das weiß doch jedes Kind.
Die Linke war sich ja schon immer gewiß, daß etwas faul ist im Staate Deutschland, daß sich die Kapitalisten gegenseitig die dicken Brocken zuschanzen und sich Staatsbedienstete gerne zu Lasten der hart arbeitenden Bevölkerung aushalten lassen. Doch plötzlich, als hätten sie sich bis dato nicht im Traume Korruption in diesem Lande vorstellen können, plötzlich erwachen auch die Law-and-order-Anhänger und rufen reflexhaft nach strengeren Gesetzen.
Auch Opel-Topmanager beugen sich diesen offenkundigen gesellschaftlichen Notwendigkeiten, obwohl sie sich selbstverständlich unschuldig fühlen. Sie treten zurück. Vermutlich hofft Opel, mit diesem Menschenopfer den Moloch Öffentlichkeit erst mal besänftigt zu haben. Warum wird die Korruption gerade jetzt (mal wieder) entdeckt, ganz so, als hätte es noch nie irgendwo Amigos oder bestechliche Kommunalverwaltungen gegeben? Es ist doch nicht so, daß man von all dem nichts wußte. War sich doch die gesamte wirtschaftliche Führungselite noch bis vor kurzem einig gewesen, daß ohne Schmieren die deutsche Wirtschaft keinesfalls wie geschmiert laufen könne. Deshalb ja sind bis heute Bestechungsgelder steuerlich absetzbar und werden von vorneherein in die Kostenrechnung aufgenommen.
Doch diesmal stehen Großkonzerne am Pranger, die ihre Produkte an die breite Öffentlichkeit verkaufen wollen. Die Affäre trifft Opel just, wo das neue Vectra-Modell auf den Markt gedrückt werden soll. Wenn nun aber der Name Opel zum Schimpfwort wird (nachdem Manta schon zum Synonym für männlichen Schwachsinn wurde), ja, wer wollte dann noch solch ein Auto sein eigen nennen? Erst hier wird endlich die eigene Korruptheit als Problem erkannt.
Wenn die Rechten in Bonn jetzt wie üblich über den gesellschaftlichen Werteverfall lamentieren, dann haben sie einfach das Thema verfehlt. Im Gegensatz zu vielen Angehörigen der wirtschaftlichen „Eliten“ verfügt die Gesellschaft nicht nur über Werte. Sie kann sie sogar, ganz unabhängig, ob von rechts oder links, im Konsumentscheid artikulieren – zum Beispiel gegenüber bestimmten Produkten einer bestimmten Firma. Nicola Liebert
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