: Sonnenenergie mit deutscher Hilfe in Nicaragua
■ Eine Gerberei in Condega deckt 20 Prozent ihres Energiebedarfs mit Sonnenkollektoren / Die Anlage spart jährlich 3000 Dollar und fünf Tonnen CO2 ein
Managua (taz) – Das größte Solarheizwerk Zentralamerikas steht in Condega, 185 Kilometer nördlich von Nicaraguas Hauptstadt Managua. Die Anlage von 150 Quadratmetern, die der Warmwasserbereitung einer Gerberei dient, ist ein Projekt der Solidaritätsgruppe „Werkhof“ und wurde aus dem Fonds für Alternativenergie der hessischen Landesregierung finanziert.
Der 33jährige Maschinenbauingenieur Uwe Nischwitz ist zufrieden. Denn die bisher größte Anlage, die er entworfen und angeschlossen hat, läuft nun seit einem halben Jahr einwandfrei. Die 20 Kollektoren aus Sicherheitsglas, die dem menschlichen Tritt standhalten, kommen von der Firma Wagner und Co. aus Coelbe bei Marburg. Sie wurden unter der Leitung eines deutschen Solidaritätsveteranen von den Mechanikern des Gerbereibetriebes auf der südseitigen Dachhälfte der Lagerhalle montiert. Über ein System von Rohren wird die Hitze in zwei Tanks übertragen, in denen das Wasser auf eine Temperatur von 45 bis 55 Grad Celsius aufgeheizt wird. Obwohl Nicaragua als tropisches Land für die Nutzung von Sonnenenergie prädestiniert ist, gibt es hier bisher kaum Solaranlagen. Das liegt an den hohen Investitionskosten, die ohne Fremdfinanzierung kaum ein Betrieb verkraften kann. Doch die Wartungskosten sind gering.
Nischwitz hat in Condega eine hundert Prozent intensivere Sonneneinstrahlung als in Deutschland gemessen. Die Kosten pro Kilowattstunde machen daher mit sechs bis sieben Pfennig gerade ein Drittel der Kosten in Mitteleuropa aus – in Condega sind gewöhnlich höchstens sechs von hundert Tagen verregnet. Die 50.000 US-Dollar teure Anlage kann sich somit in 15 Jahren amortisieren. Wenn durch die Sonnenenergie 20 Prozent des Energieaufwandes für die Wasseraufheizung gedeckt werden, bedeutet das – bei heutigen Kosten – jährliche Einsparungen von 3.000 Dollar. Der Umwelt bleiben pro Jahr fünfeinhalb Tonnen CO2 erspart.
Die Gerberei von Condega, ein durch und durch sandinistischer Betrieb mit 85 Mitarbeitern, beliefert die Handwerker der gesamten Nordregion mit Leder und exportiert einen Teil der Produktion nach Honduras. Sie wird seit mehreren Jahren vom Werkhof, einer in Darmstadt ansässigen Gruppe technischer Solidarität, unterstützt.
Noch raufen sich im Hof die Geier um die nassen Hautfetzen, die aus der Waschhalle gespült werden. Das soll sich ändern, sobald die Kläranlage für die stinkenden Gerbereiabwässer fertiggestellt ist. Sie gehört ebenso zu dem vom Werkhof gesponserten Programm wie die Lieferung von Maschinen im Wert von 400.000 Dollar. Das Solarprojekt entstand auf der Grundlage einer Ende 1993 bei der Arbeitsgemeinschaft für Umweltplanung, Energieberatung und Naturschutz (Auen) in Frankfurt/Main in Auftrag gegebenen Studie. Nicaragua deckt einen Teil seines Energiebedarfs mit Wasserkraft und vulkanischer Energie, ist aber immer noch in hohem Maße von Ölimporten abhängig. Ralf Leonhard
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