: Schmiergeld im Ausland bleibt steuerfrei
■ Jahressteuergesetz ist allenfalls ein Schritt in die richtige Richtung
Berlin (taz) – Stolz verkündete die SPD ihren Erfolg nach der Steuerverhandlungsrunde am letzten Donnerstag: Endlich seien Schmiergelder nicht mehr steuerlich absetzbar. Finanzminister Waigel räumte ein, er habe sich unter dem Eindruck der Korruptionsaffäre bei Opel bewegt.
Tatsächlich betrifft die Neuregelung im Jahressteuergesetz nur Zahlungen im Inland. SPD und Bündnisgrüne hatten dagegen eine generelle Ächtung der Korruption auch im Steuerrecht gefordert. „Es versteht doch kein Mensch, daß die Korruption einerseits strafbar ist und gleichzeitig steuermindernd geltend gemacht werden kann“, schimpfte die SPD-Finanzexpertin Ingrid Matthäus-Maier. Zu der halbherzigen Neuregelung, die im Herbst mit Segen der SPD zustandekommen wird, war gestern von Matthäus-Maier kein Kommentar zu erhalten.
Bis zu 100 Millionen Mark Mehreinnahmen soll die Neuregelung einbringen, erklärten Waigel und Lafontaine Ende letzter Woche. Im Vergleich zu den Summen, über die ansonsten beim Jahressteuergesetz gesprochen wird, ist das nicht viel. Winfried Eggers, Steuerexperte beim Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) bezweifelt aber, ob es überhaupt zu nennenswerten Mehreinnahmen kommen wird. Denn Schmiergeldzahlungen im Inland (vornehm „nützliche Aufwendungen“ genannt) mußten auch bisher schon besteuert werden. Steuerpflichtig war allerdings der Zahlungsempfänger.
Deswegen mußte das bestechende Unternehmen auf Anforderung durch das Finanzamt den Zahlungsempfänger benennen. „Ich bezweifle, daß das häufig passiert ist“, meint Peter Eigen, Vorsitzender des Anti-Korruptions- Vereins „Transparency International“. Er verweist auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, der zahlreiche Ausnahmefälle zugelassen habe, etwa wenn der Zahlende durch die Nennung des Empfängers in existenzielle Schwierigkeiten kommen würde.
Eigen begrüßt die Neuregelung als wichtigen Schritt in die richtige Richtung. „Das wird Wirkung zeigen“, ist er sicher. „Wer seine Schmiergelder weiter versteuern will, muß jetzt tricksen – und das ist Steuerhinterziehung.“
Noch lieber hätte Eigen es natürlich gesehen, wenn von der Neuregelung sämtliche Schmiergeldzahlungen erfaßt worden wären. „Bisher genießen deutsche Unternehmen hier einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil. In den USA und Großbritannien können auch Schmiergeldzahlungen im Ausland nicht von der Steuer abgesetzt werden“, tritt Eigen den Unkenrufen von DIHT- Geschäftsführer Franz Schoser entgegen, der vor einem deutschen Alleingang gewarnt hatte. CDU- Innenminister Kanther hatte gefordert, auch die Staaten der Europäischen Union in die Regelung einzubeziehen. Christian Rath
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