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Keine freie Fahrt für Gen-Monster

Völkerrechtsvertrag soll Freisetzungsversuche eingrenzen / Gentech-Fans USA und Deutschland stehen fast allein da / Verheerende Wirkung durch genmanipulierte Bakterien in den USA  ■ Von Annette Jensen

Berlin (taz) – Die kritischen Gentechnikgruppen freuen sich: Die internationale Konferenz in Madrid, die vier Tage lang über den Handel mit und Freisetzung von gentechnisch veränderten Organismen beriet, ist einem Völkerrechtsvertrag ein großes Stück näher gekommen. Das Third World Network, das vor allem die als G77 organisierten Entwicklungsländer mit Informationen versorgte, hat daran einen erheblichen Anteil. Auch Österreich, Dänemark, Finnland, Schweden und Spanien unterstützen ein Protokoll.

Die regierungsunabhängigen Organisationen (NGOs) hoffen jetzt, daß bei der nächsten Vertragsstaatenkonferenz im November in Indonesien der verbindliche Auftrag für einen internationalen Vertrag erteilt wird.

Die USA, die den Rahmenvertrag über biologische Vielfalt bis heute nicht ratifiziert haben, standen mit den anderen Ländern der Verhindererfraktion Deutschland, Japan, Australien und Neuseeland in Madrid plötzlich isoliert da. Noch vor kurzem hatte es bei dem Vorbereitungstreffen in Kairo ganz anders ausgesehen. Der in den Vereinigten Staaten für Deregulierung verantwortliche Terry Medley hatte seinen internationalen KollegInnen einen Vorschlag aufgezwungen, der die Gentech- KritikerInnen als irrational argumentierende Sektierer darstellte und die Gefahren von Freisetzungsversuchen kleinredete.

In der spanischen Hauptstadt verwarfen die Delegierten das Papier jedoch kurzerhand und griffen auf einen Vorschlag von 1993 zurück, der sowohl ein Protokoll fordert als auch die Abschätzung der Risiken und sozioökonomischen Folgen von Freisetzungsversuchen.

„Die Verhinderer stürzen sich jetzt auf die Schwellenländer Brasilien und Korea und versuchen, sie aus der G77 herauszubrechen“, hat die Grünen-Bundestagsabgeordnete Marina Steindor beobachtet. „Sie erzählen ihnen einfach, daß ein Protokoll die Nutzung ihrer reichen biogenetischen Ressourcen verhindere“.

Wichtige Argumentationshilfe für Gentech-GegnerInnen lieferte auch Elaine Ingham aus Oregon. Sie hat untersucht, welche Folgen eine von den Behörden genehmigte Freisetzung von gentechnisch veränderten Bodenbakterien hat. Der Hersteller wollte mit ihrer Hilfe Maispflanzenreste im Labor zu Alkohol vergären. Die Produktionsreste sollten dann anschließend als Dünger aufs Feld gebracht werden. Zunächst sah auch alles so aus, als ob diese Art der Nutzung und Entsorgung ganz unproblematisch sei.

Als Ingham aber Weizen auf dem Feld anpflanzte, stellte sich heraus, daß die gentechnisch veränderten Bakterien sich fatal auswirkten: Alle Pflanzen gingen ein. „Die manipulierten Bakterien waren bereits durch alle Prüfinstanzen gegangen und von den Behörden als unbedenklich eingeschätzt worden“, berichtet Beatrix Tappeser vom Ökoinstitut. Die Folgen einer Freisetzung wären unabsehbar gewesen: Derartige Bodenbakterien leben im Wurzelbereich fast aller Pflanzen weltweit.

Die Biologin aus Freiburg hat außerdem festgestellt, daß gentechnisch veränderte Bausteine von anderen Organismen aufgenommen werden können. Weil die Forscherinnen und Forscher nur etwa ein Prozent der Bodenbakterien kennen, können Veränderungen und sich anbahnende Katastrophen somit erst festgestellt werden, wenn es zu spät ist.

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