Schönlinge fliegen wieder

■ taz-Serie „Parasiten im Sommerloch“, Teil 3: Pfauenaugen sind keine Parasiten, aber schön / Sie fressen nur Brennesseln und Blütensaft und suchen jetzt Winterquartiere

Da wuselt und flattert, schmettert und lingt es endlich wieder in den Gärten, Parks und Hinterhöfen. Tausende von bunten Tagpfauenaugen durchqueren momentan den niedrigen Luftraum Bremens. FahradfahrerInnen flattern sie durch den Weg und ständig kommen Pfauenaugen in die taz-Redaktion geflogen, durchqueren den Raum und schwirren durchs nächste Fenster wieder von dannen. Gelingt den Schönlingen das nicht, hocken sie sich an die Wand oder dergleichen ruhige Stelle. Was aufgeregte Schmetterlings-SchützerInnen sogleich zu einem Glas greifen läßt, um sie auf diesem Weg unbeschadet wieder in die Freiheit des Gartens zu entlassen.

Eigentlich tut man den zarten Insekten damit keinen Gefallen.

„Die sind jetzt auf der Suche nach einem Quartier für den Winter“, sagt Martin Rode vom BUND. Und am liebsten nisten sie sich dafür in menschlichen Behausungen ein. Im dunklen Badezimmer, dem kühlen Keller oder auf dem unbenutzten Dachboden. Dort hängen sie sich hin, klappen die Flügel zusammen und fallen in eine Kältestarre.

Bis zum nächsten Frühjahr. Wenn es draußen langsam warm wird, Wind und Regen nachlassen, fliegen die Pfauenaugen davon, um ihre Eier an Brennesseln abzulegen. Denn nur zwischen den piekseligen Blättern des als Unkraut verunglimpften Gewächses fühlen sich die aus den Eiern schlüpfenden Raupen so richtig wohl. Da treffen die possierlichen Tierchen dann auf Brüder und Schwestern der Schmetterlings-Gattungen Kleiner Fuchs, Zehfalter oder Landkärtchen. Sofern es diese in unseren Breiten noch gibt und Pestizide sie nicht ausgerottet haben.

Da Tagpfauenaugen nur gering spezifiziert sind, haben ihre Art die Giftspritzen überlebt. Außerdem sind ihre Populationen wieder aufgelebt, seitdem zumindest KleingärtnerInnen weniger Pestizide über die Parzellen ergießen. Und die leeren Kassen der Stadt sichern ihre Brut- und Freßstätten: Seitdem weniger Geld für die Parkpflege ausgegeben wird, wuchern die leckeren Brennesseln wieder an Wegen und Parkrändern.

„Invasionsartig“ (Rode) sind Pfauenaugen in diesem Sommer aus nordöstlicher Richtung kommend in Bremen eingefallen. Rode glaubt, daß die Falter in ihrer Schlupfheimat nicht genug Nahrung gefunden hatten. Auch waren wohl dort die Brennesseln als „Vermehrungspunkt“ schon alle besetzt.

Da bereits der vergangene Sommer optimale Bedingungen für die Flatterer bot, konnten die Schmetterlingsweibchen Tausende von Eiern ablegen. Aus denen sind im Frühsommer – nach erfolgreicher Verpuppung – die ersten Pfauenaugen geschlüpft. Die wiederum haben selbst Eier abgelegt, aus denen nun schon die zweite Generation der Pfauenaugen in diesem Jahr gewachsen ist.

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