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Geheimsache Ozonsmog

Das Umweltbundesamt darf keine bundesweite Ozonvorhersage mehr veröffentlichen / Nicht in allen Bundesländern können die BürgerInnen die Ozonwerte telefonisch erfragen  ■ Von Annette Jensen

Berlin (taz) – Die Ozonwerte steigen – aber keiner erfährt' s. Darauf zielt die Informationspolitik von Umweltministerin Angela Merkel ab. Sie wies das Umweltbundesamt (UBA) in Berlin am Montag an, keine Ozonprognose mehr zu veröffentlichen. Nur die Landesämter können die Werte auch künftig erfahren. Ob sie ihre BürgerInnen darüber informieren oder nicht, ist allein ihre Sache. Wer in Bayern lebt und weder Zugang zu BTX und Videotext hat, erfährt nichts. Umweltministeriumssprecher Franz-August Emde weist den Vorwuf eines Maulkorbs empört zurück. Das neue Ozongesetz schreibe vor, daß künftig die Länder für die Feststellung der jeweiligen Ozonkonzentrationen und die Ausrufung von Ozonalarm zuständig seien. „So, wie das Bundesinnenministerium nicht über den Einsatz der Polizei in Nordrhein-Westfalen entscheiden kann, so darf auch hier der Bund nicht in den Vollzugsaufgaben der Länder rummauscheln“, argumentiert Emde. Mehrere Länder, darunter Sachsen und Nordrhein-Westfalen, hätten explizit auf ihre Hoheitsrechte hingewiesen.

Im Ozongesetz steht allerdings nirgendwo, daß die UBA-Daten nicht mehr veröffentlicht werden dürfen. Christiane Spänhoff, Sprecherin des nordrhein-westfälischen Umweltministeriums, weist darauf hin, daß es sich bei den UBA-Werten und den für einen Ozonalarm relevanten Daten um ohnehin zwei verschiedene Dinge handelt.

Während das Umweltbundesamt die allgemeine Ozonlage beschrieb und damit eine wichtige Information für Kranke, Kinder und Alte darstellte, müssen die Länder lediglich prüfen, ob der Verkehr am nächsten Tag eingeschränkt werden soll. Alle Werte unter 240 Mikrogramm interessieren da nicht.

„Wir haben zwar darauf hingewiesen, daß die unterschiedlichen Daten die Bürger verwirren könnten“, räumt Spänhoff ein. Für eine Unterdrückung der Information sei die Regierung in Düsseldorf allerdings nicht. Greenpeace-Verkehrsexperte Karsten Smid, der in den letzten Wochen mit seinen KollegInnen bundesweite Ozonprognosen aufgrund der UBA-Daten zusammengestellt hat, wird deutlicher: „Frau Merkel setzt die Tradition des Politbüros der DDR fort, das Umweltdaten zur Geheimsache erklärt hat.“

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