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Brennende Trikoloren

Die Beziehungen Frankreichs zu Australien sind wegen der Atomtests auf dem Tiefpunkt  ■ Aus Paris Dorothea Hahn

Mit der Rückbeorderung seines Botschafters und deutlichen Drohungen in Richtung der australischen Hauptstadt Canberra reagierte Paris gestern auf die Ankündigung Australiens, „Dassault Aviation“ von der Bewerbung um einen Großauftrag von 40 Militärflugzeugen auszuschließen. Regierungssprecher François Baroin äußerte Zweifel an Australiens Aufrichtigkeit. Hinter dem Boykott, so argwöhnte Baroin, verbergen sich „ökonomische Gründe“.

Der australische Verteidigungsminister Robert Ray hatte am Dienstag die französische Rüstungsschmiede von der Bewerbung um den Auftrag im Gegenwert von knapp zwei Milliarden Francs (ca. 0,6 Mrd. Mark) ausgeschlossen. Begründung: die geplanten französischen Atomtests im Pazifik. Das Unternehmen „Dassault Aviation“, das nach französischen Einschätzungen ohnehin kaum Chancen hatte, das Rennen um den Großauftrag zu machen, erfuhr von diesem Bann aus den australischen Medien.

Bereits bestehende Verträge seien nicht von Boykottmaßnahmen betroffen, beruhigte Ray unter anderem die französische „Thomson-CSF“, die elektronische Ausrüstungen für Australiens Marine und Luftwaffe baut.

Feuer im Konsulat, Müll vor der Botschaft

Weitere französische Unternehmen, die auf Aufträge in Australien spekulieren, blieben bislang zwar vom Boykott verschont, reagierten allerdings sehr verschreckt – ganz besonders das Elektrizitätsunternehmen EDF, das auf eine Beteiligung an der Privatisierung der Stromversorgung von Melbourne hofft. Die Beziehungen nach Australien sind mit der Botschafterrückberufung „zu Konsultationen“ auf einem neuen Tiefpunkt angelangt. Bereits im Juni hatte Canberra seinen Mann aus Paris vorübergehend zurückgeholt. Die antifranzösischen Proteste in Australien ebbten seither nicht ab. Neben zahlreichen Demonstrationen und Anschlägen auf französische diplomatische Einrichtungen – ein Feuer im Konsulat der westaustralischen Stadt Perth, ein Müllhaufen vor der Botschaft in Canberra, verbrannte Tricoloren in Sydney –, organisieren Verbraucherorganisationen längst einen Boykott.

Zwischen den Regierungen der beiden Länder ist das Klima unangenehm geworden. In einer ersten Reaktion auf Chiracs Bombenankündigung am 13. Juni hatte der australische Außenminister Gareth Evans noch versucht, zu vermitteln. Er erklärte damals: Es hätte „schlimmer kommen können als acht Bomben“. Die innenpolitische Reaktion, besonders die der konservativen Opposition, auf diese Erklärung war so heftig, daß die Labour-Regierung, der im nächsten Jahr Wahlen bevorstehen, in die Offensive gehen mußte. Premierminister Paul Keating schrieb einen offenen Brief an Jacques Chirac, in dem er eine Rücknahme der Entscheidung forderte.

Der französische Außenminister Hervé de la Charette, der seinerseits einen offenen Brief in den australischen Medien veröffentlichte, war undiplomatisch genug, von den Australiern, „die es geschafft haben, eine großzügige multikulturelle Gesellschaft zu gründen“, Verständnis für die Pariser Position zu erwarten.

Kritischer als erwartet zeigt sich jetzt auch die französische Öffentlichkeit. In der ersten Meinungsumfrage, die ausdrücklich die Frage nach den von Chirac angekündigten Atomtests stellte, sprachen sich 56 Prozent der Franzosen dagegen aus. 60 Prozent der im Auftrag des Boulevardblattes Le Parisien Befragten, wünschen, daß ihr neuer Präsident diese Entscheidung noch einmal überlegt.

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