: Abschiebe-Abc: Die Drittstaatenfarce
Die Regelung der sicheren Drittstaaten ist der Kern des neuen Asylrechts. Alle Nachbarländer der Bundesrepublik gelten nun als „sichere Drittstaaten“. Wer sich auf seiner Flucht in einem dieser Staaten auch nur kurzfristig oder im Transit aufgehalten hat, ist per gesetzliche Definition vom Schutz des Grundrechts auf Asyl ausgeschlossen. Die Folge: Viele Menschen, die vor einigen Jahren Asyl in Deutschland erhalten hätten, haben nun allein aufgrund ihres Fluchtweges keine Chance mehr, obwohl sich an den Faktoren, die sie zur Flucht gezwungen haben, nichts geändert hat.
Der eingeschränkte Grundgesetz- Artikel 16a Absatz 2 auf Asylrecht schließt von vornherein alle Flüchtlinge aus, die auf dem Landweg über ein Nachbarland einreisen. Alle Nachbarländer der Bundesrepublik sind zu „sicheren Drittländern“ erklärt worden. Chancen, ein reguläres Verfahren zu bekommen, hat nur noch, wer mit dem Schiff oder dem Flugzeug nach Deutschland kommt. Entscheidend für die Wahrnehmung des Grundrechtes auf Asyl sind nun nicht mehr die Fluchtgründe – sondern nur noch der Fluchtweg.
Das Bundesverfassungsgericht muß sich nun mit der Frage beschäftigen, ob Menschen zurückgeschickt werden können, auch wenn festgestellt wird, daß der Drittstaat zu einem wirklichen Flüchtlingsschutz nicht bereit oder in der Lage ist. Auseinandersetzen müssen sich die RichterInnen auch mit der drohenden Gefahr einer Kettenabschiebung. Gibt es trotz des neuen Asylrechts ein Abschiebe- oder Zurückweisungsverbot, wenn menschenrechtswidrige Behandlung im Heimatstaat droht? Die Entscheidung über die anstehenden Verfassungsbeschwerden ist von großer Bedeutung und hat Auswirkungen auch auf europäischer Ebene.
Quelle: Pro Asyl
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