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Suizid gehört zum Knast

■ Niedersächsische Spezialisten belegen: Haft treibt in den Selbstmord

Hannover (taz) – Selbstmorde in Gefängnissen lassen sich kaum verhindern. Zu diesem resignativen Fazit kommt jetzt der Bericht einer niedersächsischen „Arbeitsgruppe Suizidprophylaxe im Strafvollzug“. Landesjustizministerin Heidi Alm-Merk (SPD) hatte die Expertengruppe im vergangenen Jahr eingesetzt, nachdem sich in nur zwei Monaten acht niedersächsische Gefangene das Leben genommen hatten.

Insgesamt waren 1994 in niedersächsischen Knästen 17 Gefangene ums Leben gekommen, davon begingen wahrscheinlich fünfzehn Selbstmord. Aus den sehr unterschiedlichen Schicksalen der einzelnen Gefangenen schloß nun die achtköpfige Arbeitsgruppe von Ärzten, Psychologen und Sozialarbeitern, daß „es eine Lösung für das Suizidproblem nicht gibt“. Als wichtigste Ursache für die Häufung von Suiziden in Gefängnissen sieht die Arbeitsgruppe die Inhaftierung selbst an: „Die Inhaftierung ist selbst eine typische prä-suizidale Situation, gekennzeichnet durch räumliche und psychosoziale Einengung, Aggressivität, Autoaggression und Selbstmordphantasien.“ Gefangene sind zu Beginn ihrer Haftzeit am stärksten selbstmordgefährdet: Zwei Drittel aller Suizide ereignen sich in den ersten drei Haftmonaten.

Für die Expertengruppe kann Suizidprävention nur darin bestehen, den Gefangenen „in unerträglich erscheinenden Situationen“ so weit wie möglich beizustehen. Eine besonders hohe Suizidgefahr verursachen sehr große Gefängnisse oder Gefängnisabteilungen. Die Arbeitsgruppe kritisiert, daß Untersuchungsgefangene oft in Einzelhaft kommen.

Auch die Abschiebehaft ist durch besonders hohe Suizidgefahr gekennzeichnet. Wegen der sprachlichen Verständigungsprobleme und der großen Entfernung zu Angehörigen sei dort die psychosoziale Lage besonders kompliziert. Nach einer groben Schätzung lag 1994 die Suizidrate bei niedersächsischen Gefangenen etwa 20mal höher als die allgemeine Selbstmordrate. Jürgen Voges

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