Anwohner gegen straffällige Jugendliche

■ Fluglärm, Verkehrslärm, „Drogenhaus" - die Anwohner wollen nicht auch noch die Bewährungshilfe für straffällig gewordene Jugendliche in ihrer Nollendorfer Straße haben

Die Anwohner der Nollendorferstraße in Huckelriede an der Ecke Neuenlander Straße/Kattenturmer Heerstraße sind arm dran. Hart neben der Einflugschneise haben sie von morgens um sechs bis abends den Fluglärm, von den beiden Hauptverkehrsstraßen kommt Tag und Nacht der Verkehrslärm und die schlechte Luft in die eigentlich ruhige Wohnstraße. „Seit der Einrichtung der Berufsschule vor ca. 6 Jahren in unmittelbarer Nähe sind sämliche umliegenden Straßen und die Nollendorfer Straße bereits hoch mit Jugendlichen frequentiert“, schreibt Anwohner Bernhard Schmidt. Weiterhin sei „zu berücksichtigen“, daß an der Ecke Neuenlander Straße/Nollendorfer Straße bereits „seit längerem ein Drogenhaus besteht“ - kurz: die Belastung hat für die Anwohner das Maß des Zumutbaren bereits überschritten. Als jetzt bekannt wurde, daß auch noch der Verein für Bewährungshilfe ein Haus angemietet hat, um dort fünf straffällig gewordene Jugendliche einzuquartieren und zu betreuen, standen die Zeichen auf Sturm. 50-60 Anwohner kamen am Donnerstag abend, als das Ortsamt zur „öffentlichen Einwohnerversammlung“ geladen hatte, um ihrem Ärger Luft zu machen.

„Als ich in den Saal kam und in die Runde blickte, war mir klar, daß wir da keine Chance haben“, sagt Friedhelm Stock, zweiter Geschäftsführer der Bewährungshilfe. Viele der Anwohner leben schon seit Jahrzehnten dort, haben hinnehmen müssen, daß der Flugverkehr immer mehr zunahm und die Neuenlander Straße zur LKW-Trasse wurde, da war kein Verständnis mehr zu erwarten für die Schwierigkeiten des Vereins, für entlassene Jugendliche eine Wohnunterkunft zu finden. „Verschlechterung unserer Wohnqualität“ wäre der soziale Nachbar für die Anwohner und sonst nichts.

Die Hausnummer 65 war dabei schon in der Vergangenheit eine polizeibekannte Adresse: Der Hausbesitzer hatte jahrelang an Skinheads vermietet, die den Garten verkommen ließen und mit ihren Stereo-Anlagen keine Rücksicht nahmen. Die Türken von nebenan wurden bei Gelegenheit ausländerfeindlich beschimpft, zu Hitlers Geburtag am 20.4.1993 fand eine regelrechte rechtsradikale Parade in der Straße statt. Dutzende Skins haben einen Haustürschlüssel gehabt, sagen die Nachbarn.

Die Bewährungshilfe kann die Nachbarn da verstehen: „Man kann sich nicht vorstellen, wieviel Dreck darin waren“, sagt Vereinsvorsitzender Dr. Wiegand, „menschenunwürdige Zustände!“ Für die Anwohner ist klar: wenn da straffällig gewordene Jugendliche einziehen, geht das so weiter. Geschäftsführer Stock: „Wir werden da in diesen Topf geschmissen. Das ist unser Pech.“

Auch das Ortsamt ist auf der Seite der Anwohner, weil der Beirat nicht vor der Anmietung gefragt wurde. Für den Verein für Bewährungshilfe scheint der Fall damit gegessen: Vorsitzender Wiegand wird dem Vereinsvorstand empfehlen, „von diesem Haus Abstand zu nehmen“. Denn „ohne Grundakzeptanz im Wohnumfeld“ wird die Arbeit mit den schwierigen Jugendlichen noch schwieriger, Eskalation droht bei jedem Anlaß. Zu einer „dezentralen Unterbringung von auffälligen Jugendlichen“ gehöre es zudem, so Wiegand, nicht zwei Adressen – hier auch die Drogenhilfe – in engster Nachbarschaft untergebracht werden.

„Wir haben vorher nicht genau genug nachgefragt“, ärgert sich Geschäftsführer Stock. Nun wird der Verein das Haus untervermieten müssen – aus dem Mietvertrag wird der Hausbesitzer den Verein für Bewährungshilfe nicht rauslassen: der Hausbesitzer hat die Schwierigkeit des sozialen Vereins, an geeigneten Wohnraum zu kommen, ausgenutzt und einen Dreijahresvertrag über 1.500 Mark durchgesetzt. Für weniger heruntergekommene Häuser sind 1.000 Mark üblich in der Ecke. K.W.