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Bremen benachteiligt Auslands-Studis

■ Studenten Hamburg und Berlin erlauben Arbeit während des Semesters, Bremen nicht / Kirche protestiert

Schon als kleiner Junge hatte der Sudanese Ahmed Haydar einen Traum: Er wollte Programmierer werden. „Ich war in der zweiten oder dritten Klasse, als ich das Wort Computer zum ersten Mal hörte. Die Idee von einem neuen Gerät, das vieles einfacher machen würde, faszinierte mich so, daß ich beschloß, später was mit Computern zu machen“, erzählt der heute 25jährige. In seiner Heimat hatte Ahmeds Traum keine Chance. „Es gibt sehr wenige Universitäten, und ich hätte nur Agrarwirtschaft studieren können“, erzählt er. Trotzdem ist sein Wunsch mittlerweile in Erfüllung gegangen. Ahmed Haydar studiert Informatik an der Universität in Bremen.

Dennoch droht sein Traum an der bremischen Bürokratie zu scheitern: Um seinen Lebensunterhalt zu finanzieren, müßte er neben dem Studium jobben – wie viele seiner deutschen Kommilitonen auch. Doch was für sie selbstverständlich ist, ist dem Sudanesen per Stempeldruck im Paß verboten. Im Land Bremen dürfen ausländische StudentInnen nur in den Semesterferien arbeiten. Während des Semesters dürfen sie keinen Job annehmen. Ihre Landsleute in Hamburg und Bremen haben es leichter: Dort dürfen ausländische StudentInnen – genau wie deutsche – während des Semesters 20 Stunden in der Woche und in den Semesterferien arbeiten.

„In Bremen treibt man die ausländischen Studenten damit regelrecht in die Illegalität“, schimpft Pastor Peter Bick von der Bremischen Evangelischen Kirche. „Diese Studenten gehen in ihre Heimat zurück und sind Botschafter. Sie tragen in die Welt hinaus, wie sie hier behandelt worden sind. Es werden ihnen jede Menge Steine in den Weg gelegt. Dabei müßte es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sein, es ihnen leicht zu machen.“

1421 StudentInnen aus Ländern der sogenannten Dritten Welt studieren zur Zeit in Bremen. Nur 38 werden mit einem Stipendium unterstützt. Der Rest hofft auf den Scheck aus der Heimat und muß „zusehen“ wie er oder sie „klarkommt“, beschreibt Bick die Lage. „Unser Leben ist wie ein Kampf. Jeden Tag“, sagt Youssiff Elobaid aus dem Sudan. Seit fünf Jahren studiert er in Bremen Elektro-Technik. Nach dem Studium will er im Sudan „vielleicht Solar- und Windanlagen entwickeln.“ Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg. „In den Semesterferien muß ich Hausarbeiten schreiben und kann nicht arbeiten oder nur sehr wenig. Das Geld reicht hinten und vorne nicht. Ich will doch nichts geschenkt. Alles was ich will, ist selber für meinen Unterhalt arbeiten zu könnem, und zwar auch während des Semesters.

Wenn den Studenten das Wasser bis zum Halse steht, springt schon mal das Diakonische Werk ein und bezahlt die Miete für ein, zwei Montate. Doch „wir sind the last place to go“, betont Christoph Fantini, der beim Diakonischen Werk ausländische StudentInnen berät. Die Mittel des Diakonischen Werks sind begrenzt; deshalb will der Verein jetzt nochmal den Innensenator Ralf Borttscheller auf die Problematik aufmerksam machen. „Bei van Nispen sind wir in der letzten Legislaturperiode gescheitert“, berichtet Christoph Fantini.

Ob die Chancen jetzt besser stehen, ist fraglich. „Wir verfahren so, wie es das Bundesgesetz vorgibt“, erklärt Merve Pagenhardt, Referentin des Innensenators. Zwar habe das Land die Möglichkeit, die Arbeitszeiten großzügiger zu regeln, räumt sie ein. „Das ist allerdings nicht gewollt, weil das Studium im Vordergrund stehen soll. Wir prüfen allerdings den Einzelfall. Wenn jemand von zu Hause nicht mehr unterstützt werden kann, weil zum Beispiel ein Bürgerkrieg ausgebrochen ist, kann von der Ausländerbehörde eine Ausnahme gemacht werden.“

Das wiederum stellt die StudentInnen vor neue Schwierigkeiten: Sie müssen beweisen, daß ihnen das Geld ausgegangen ist und warum. Ein Student aus dem Sudan hatte mit dem Hinweis auf den Bürgerkrieg in seiner Heimat und auf die fehlenden Überweisungen allerdings bei der Ausländerbehörde keinen Erfolg. Der 29jährige hatte bei der Uni ein Urlaubssemester beantragt, um zu arbeiten und sich finanzielle zu berappeln. Doch während die Universität den Urlaub genehmigte, machte die Behörde dem Studenten einen Strich durch die Rechnung. „Wenn Sie ein Semester aussetzen wollen, das können sie zu Hause machen. Hier nicht“, soll die Sachbearbeiterin gesagt haben.

Auch Mylane Teixera, die in Bremen Sprachen studiert, hat mit der Behörde schlechte Erfahrungen gemacht. „Es ist jedesmal eine Bedrohung, zur Ausländerbehörde zu gehen. Einmal im Jahr muß das Visum erneuert werden. Immer muß man beweisen, daß man noch Geld hat und woher es kommt. Die Angst, daß die Aufenthaltsgenehmigung nicht verlängert wird, geht immer mit. kes

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