: UN-Blauhelme ziehen aus Kroatien ab
■ Neue US-Initiative zu Bosnien / Karadžić setzt Mladić wieder ein
Zagreb/Bonn (dpa/AFP) – Die Vereinten Nationen haben gestern den unmittelbar bevorstehenden Abzug von rund einem Drittel ihrer insgesamt 12.425 Blauhelme aus Kroatien angekündigt. Nach der „Oluja-Offensive“ (Gewittersturm) hätten die UN-Einheiten in Kroatien „nichts mehr zu überwachen“.
Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR in Zagreb waren bis gestern rund 70.000 Krajina-Flüchtlinge in Restjugoslawien eingetroffen. „Die Krajina ist inzwischen entvölkert“, sagte UNHCR-Sprecher Kris Janowski. Das UN-Hauptquartier in Zagreb berichtete von schwerwiegenden Übergriffen gegen die Flüchtlinge in der Krajina. Mindestens 29 Serben in Zivilkleidung seien offenbar von kroatischen Soldaten oder Sondereinheiten der Polizei „hingerichtet“ worden. Das Problem der UNO sei allerdings, daß sie noch immer keinen freien Zugang in alle eroberten Gebiete habe, beklagte UN-Sprecher Chris Gunness. Gunness hatte bereits in diesem Mai nach der kroatischen Offensive in Westslawonien ähnlich schwerwiegende Anschuldigungen gegen die kroatischen Truppen erhoben, die er kurz darauf aber relativierte.
Noch immer sind keine Details über die neue Initiative der US- Regierung zu Bosnien bekannt. US-Sicherheitsberater Anthony Lake hatte nach Gesprächen in London gestern und vorgestern in Bonn beraten. Schmülling zufolge begrüßt Bonn die Initiative von US-Präsident Bill Clinton. Clinton hatte am Donnerstag Berichte zurückgewiesen, wonach Washington seinen europäischen Partnern einen neuen Teilungsplan für Bosnien vorlegen wollte. Lake reiste gestern nach Paris weiter, wo er mit hochrangigen Regierungsvertretern zusammentraf. Am Wochenende sollte Lake nach Madrid und Moskau weiterreisen.
Der bosnische Serbenführer Radovan Karadžić rehabilitierte gestern den Militärchef der bosnischen Serben, General Ratko Mladić. Dies teilte der „Informationsminister“ der bosnischen Serben, Miroslav Toholj, mit. Karadžić hatte Mladić vor einer Woche seines Amtes als Kommandeur der bosnisch-serbischen Truppen enthoben und sich selbst zum Armeechef gemacht. Mladić hatte seine Absetzung jedoch als „illegal“ zurückgewiesen. Er war darin von der Armeespitze unterstützt worden. Die kroatische Botschaft in Bonn bezeichnete unterdessen die vor einigen Tagen in zahlreichen Medien – auch der taz – veröffentlichte Skizze Präsident Franjo Tudjmans zur Aufteilung Bosniens als „Fälschung“. Der Chef der britischen Liberaldemokraten, Paddy Ashdown, habe zugegeben, daß die Zeichnung von ihm stamme.
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