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Abrißarbeiten bei Werder

■ Für die taz beim Spiel: Grünen-Sprecher Dieter Mützelburg

Für die taz werden in den kommenden Wochen „Reporter im besonderen Einsatz“ über Werder Bremen berichten: heute Grünen-Fraktionssprecher Mützelburg, in der kommenden Woche der Kabarrettist (Libretto fatale) und Radio-Bremen-Moderator Stefan Pulß.

Über den Trainer wurde während der Bundesliga-Premiere 1995/96 Freitag im Weserstadion mehr geredet als über das Spiel. Für die einen war Werder Bremens 1:1 gegen den Aufsteiger Fortuna Düsseldorf ein glatter Fahlstart.: „Das wird ganz schwer dieses Jahr.“ Die anderen sahen große Fortschritte in Abwehr und Mittelfeld: „Spielerisch viel stärker als letztes Jahr.“

Aad de Mos, Werders neuer Trainer, schien sich den Zustand der Ostkurve des Weserstadions zum Vorbild genommen zu haben: Abbrechen um neu und besser aufzubauen. Gegen Düsseldorf saßen mit Beiersdorfer, Borowka, Neubarth, Schulz und Votava fünf Ex-Nationalspieler und Rehagel-Stars auf der Ersatzbank oder der Tribüne. Aad de Mos bietet die ersten schon zum Verkauf.

Der neue Trainer will von seiner Mannschaft schnelles Kurzpaßspiel siehen nach dem Motto: „Flach spielen, hoch gewinnen“. Dafür sind ihm die Altmeister zu langsam und einige auch zu unbeholfen. Vom Neubau war kaum mehr als die Rückennummern 2, 3, 17, 24 und 26 zu sehen (Baiano, Scholz, Vier, Albayrak und Rost). Das Spiel ähnelte eher noch dem abzureißenden Bau, es war wie immer: Werders Abwehr nimmt dem vorsichtigen Gegner mühelos die Bälle vom Fuß, Cardoso – wie bisher Herzog – und Basler zeigen das eine oder andere Kunststück mit dem Ball, durch das die Gegenspieler veralbert und die Zuschauer begeistert werden. Dann fliegt ein hoher Ball weit vor das Tor. Die Stürmer erreichen ihn nicht (sehr häufig, Ausnahme Hobsch beim 1:1), lassen ihn vom Fuß springen (ziemlich häufig) oder verlieren ihn im Zweikampf an die Gegner (immer wenn es dazu kam).

Also kein Kurzpaßspiel. Altes Trainerleid: Was beim Üben gelingt, gelingt noch lange nicht im Spiel. Was Baiano oder Cardoso in Südamerika auf der Straße lernten, war den Kindertrainern in Ostfriesland oder der DDR ein Greuel, galt als verspielt und undiszipliniert. Daß Werder neben Ostfriesen jetzt schon vier Spieler aus der DDR-Schule auf dem Platz hat (Hobsch, Vier, Scholz, Rost) fällt bei Ballannahme und Dribbling gelegentlich auf.

Am Trainer schieden sich auch nach dem Spiel die Geister. Einige wütende Uuuli-(Borowka) Fans gründeten einen Ulli, wir bleiben Dir treu-Club und wünschten de Mos zurück über die Grenze. Andere lobten wie Düsseldorfs listiger Trainer Ristic Werders Klasse („Baiano und Ramzy sind die besten in Europa“) und freuten sich, daß der „Klopperfußball“ der Herren Schulz und Borowka ihr fußballerisches Feingefühl nicht länger quälen wird.

Was wird? Jeder neuen Regierung (sogar der Scherf-Nölle-Koalition in Bremen) geben die Kritiker hundert Tage Frist zur Einarbeitung. Werder und sein neuer Trainer sollen sie auch haben.

Keine Schonfrist haben die Werder-Fans. Ihnen wird ein Dach über die Köpfe gebaut. Sie versprachen, dann die gegnerischen Fans an Lautstärke zu übertreffen. Am Freitag hatten sie in Nordtribüne, ihrem Notquartier ein dezibelverstärkendes Dach über dem Kopf. Zu hören war aber fast nur „For – tuu –naa.“ Das muß sofort anders werden.

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