: Spülwasser macht Sintiplatz zum Ärgernis
Vorwürfe wegen Wasserverunreinigung durch unzureichende Sanitäranlagen auf Sinti- und Roma-Stellplatz in Dreilinden / Wasserwerke halten Zustände für unhaltbar ■ Von Silke Fokken
Fast zwei Monate nach der Eröffnung wird der Sinti- und Roma- Stellplatz am ehemaligen DDR- Kontrollpunkt Dreilinden erstmals zum Gegenstand öffentlichen Interesses. Allerdings nicht wegen der immer noch unzureichenden Ausstattung des Platzes mit Sanitäranlagen. Stein des Anstoßes ist vielmehr die mögliche Umweltverschmutzung, weil die Wohnwagenstadt im Wasserschutzgebiet liegt. Seit etwa zwei Monaten leben fast hundert Sinti-Familien und irische WanderarbeiterInnen auf dem neueingerichteten Zehlendorfer Gelände, ohne daß eine geregelte Abwasserentsorgung erfolgt. Der Träger des Stellplatzes, die Senatsverwaltung für Jugend und Familie, hat deshalb jetzt schriftliche Auflagen erhalten, damit die Wasserverunreinigung gestoppt wird. Das Landeskriminalamt ermittelt wegen Wassserverschmutzung.
„Eigentlich ist das Aufstellen von Campingwagen in Wasserschutzgebieten gesetzlich nicht möglich“, sagt die Pressesprecherin der Umweltsenats, Mechthild Bülow. Allerdings gebe es die Möglichkeit, sich von der entsprechenden Verordnung im Wasserschutzgesetz befreien zu lassen. Wenn die Ansiedlung dem Wohle der Allgemeinheit dient, sind Ausnahmen denkbar.
Allerdings bestehen strenge Auflagen: Es muß eine ordnungsgemäße Abwasserentsorgung mit einem Anschluß ans öffentliche Abwassernetz oder mit Auffangcontainern geben, Toiletten sollen nicht weiter als 50 Meter von den Wohnwagen entfernt sein, und Abwasser darf nicht im Boden versickern. Die Senatsverwaltung für Jugend und Familie hatte die Genehmigung für den Stellplatz erhalten und im Juli ordnungsgemäß einen Befreiungsantrag gestellt. Die Auflagen waren vom Umweltsenat erst jetzt bearbeitet worden.
Die Berliner Wasserbetriebe halten die Zustände auf dem Stellplatz Dreilinden für „unhaltbar“ und wollen ein Gefährdungsgutachten erstellen. „Auf dem Platz gibt es Ölrückstände von Fahrzeugen und wassergefährdende Stoffe von dem Dieselnotstromaggregat, Spülwasser wird in die Wallachei gespült und sickert ins Grundwasser“, beschwert sich der Wasserschutzbeauftragte Norbert Schlegel. In Einzelfällen seien außerdem die Toilettencontainer nicht benutzt worden.
Das Wasserwerk Beelitz liegt nur 500 Meter von den Wohnwagen entfernt. Dort wird Trinkwasser gewonnen und von Mangan und Eisen gefiltert. Wenn das Wasser belastet ist, reicht diese Reinigung aber nicht mehr aus. „So ein Stellplatz hat einfach nichts in der Botanik verloren. Eine ordnungsgemäße Abwasserentsorgung bei so vielen Leuten ist auch mit großen Abwassercontainern einfach unrealistisch“, ereifert sich Schlegel. Er fordert einen neuen Stellplatz für die Sinti und Roma.
„Die Betreibung des Platzes ist dauerhaft und umweltgerecht durchaus möglich“, hält der Zehlendorfer Stadtrat für Gesundheit und Umweltschutz Jürgen Hübner-Kosney (WUB) dem entgegen. Allerdings müßten innerhalb „kürzester Zeit“ Leitungen und Gefäße das verbrauchte Wasser auffangen. Der Umgang mit wassergefährdenden Stoffen sei auszuschließen und die Oberfläche des Stellplatzes zu versiegeln.
„Das muß ein wasserschutzgerechter Platz werden“, fordert Hübner-Kosney. Es wäre besser gewesen, den Platz erst fertigzustellen und dann die Sinti und Roma dort anzusiedeln. Ohnehin richte sich die Kritik an den Zuständen keineswegs gegen die AnwohnerInnen in Dreilinden. „Es muß in Zukunft einen Platzwart geben, der ein Auge auf alles hat“, fordert der Stadtrat.
Bislang bemüht sich darum der Referent für ethnische Minderheiten beim Jugendsenat, Walter Kirz. Er hat derzeit alle Hände voll zu tun, denn aufgrund „firmeninterner Schwierigkeiten“ konnte die Senatsbauverwaltung die zugesagten Abwassercontainer bislang noch nicht aufstellen. „Ich warte jetzt noch auf das Angebot einer anderen Firma“, sagt Kirz.
In Dreilinden habe es keine Öllachen gegeben, die Fahrzeuge seien auf einem LKW-Parkplatz in der Nähe abgestellt worden, wehrt er sich gegen die Vorwürfe. Außerdem habe die Senatsverwaltung für Jugend und Familie Merkblätter verteilt mit Umwelttips. Die AnwohnerInnen dürften keine Autos waschen und kein Schmutzwasser versickern lassen.
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