: Vom Altern in kurzen Hosen
■ Morgen im Tower: Tony Adolescent und ADZ, ein Sammelsurium der Punkhelden
In Würde altern – das ist doppelt hart, wenn man seine Lorbeeren damit verdient, neben Punk-Musik auch juveniles Lebensgefühl zu verbreiten. Von den kurzen, bunten Hosen bis zur teenagerfreundlichen Themenwahl waren die Adolescents die perfekte Sonnenschein-Punk-Band für angepisste Jugendliche im heimatlichen Kalifornien und anderswo.
Wie man in kurzen Hosen würdevoll altert, macht der einstige Bandleader Tony Adolescent mit seiner neuen Band ADZ vor, einem Sammelsurium aus alten Weggefährten und kalifornischen Szenehelden. Richtig abgetreten sind die meisten der Berufs-Jugendlichen eigentlich nie.
Tony lieh seine Stimmbänder verschiedenen Projekten. Egal, was er tat: Adolescents-Mitstreiter Rodger Ramjet spielte treu dazu die Sechssaitige. Sein anderer, weniger treuer Gitarrist und Songschreiber Rikk Agnew rockte mal als Yardsale, mal enttäuschte er bei seinem Engagement bei den Flower Lepards. Selbst die andere große Suff-Punk-Legende D.I. erfüllte er mit neuem Leben. Deren Sänger Casey Royer wiederum drischt nun die Felle bei ADZ. Der Klüngel der Helden lohnt: Schließlich haben er und Agnew bei D. 1. Surf-Punk-Hymnen gleich im Dutzend komponiert.
So vereinigt ADZ mit Adolescent, Agnew, Ramjet und Royer so ziemlich genau jene kreativen Köpfe, die für gut 90 % der kalifornischen Punk-Hits der Achtziger verantwortlich sind. Das Resultat der neuen Zusammenarbeit dieses Who's Who der Westküsten-Punker ist großartig.
„Where were you“ ist eine der nostalgischsten, aber auch eine der besten Hardcore-Platten des letzten Jahres. Wie in der Glanzheit der Adolescents werden sommerlich-punkige Teenager-Hymnen aus dem Ärmel geschüttelt. Trotz einer winzigen Prise Rock, dem einzigen Zeichen biologischen Alterns, wirken Tony und Co. genauso lebendig und spielfreudig, als wären sie heute noch 16 und nicht doppelt so alt. Der Sound ist einfach, roh, im Vergleich mit Kommerz-Hardcore-Produktionen gar dünn. Denn den Surfpunk-Allstars reichen eine Handvoll neue Hammersongs und der riesige Fundus aus vergangenen Perlen wie „Wrecking Crew“ oder „No Way“, die ADZ immernoch staubfrei rüberbringen. Schraddelgitarre, mehrstimmiger Hintergundgesang und klasse Melodien funktionieren heute noch genauso wie vor zehn Jahren. Von stinkigem Revival keine Spur.
L.R.
Ab 20.00 im Tower
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