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Kroatische Offensive steht bevor

■ An verschiedenen Fronten in Bosnien sind die Kämpfe wiederaufgeflammt. Kroatische Armee verweigert Hilfe für Flüchtlinge in der Nordkrajina. Heftige Proteste in der Vojvodina gegen Ansiedlung von Serben

Zagreb/Sarajevo (dpa/AFP/ taz) Während gestern die Gespräche um eine politische Lösung des Konfliktes in Ex-Jugoslawien fortgesetzt wurden, hielten auch die Kämpfe an. Die kroatische Armee beschoß Dvar wieder mit Granaten. Ein Teil der Zivilbevölkerung sei evakuiert worden, berichtete der Rundfunksender Radio Pale. Dvar liegt 15 Kilometer nördlich der Stadt Grahovo, die von den Kroaten Anfang August eingenommen worden war.

Die Hafenstadt Dubrovnik geriet gestern nach Angaben des kroatischen Rundfunks erneut unter serbisches Artilleriefeuer. Bei den Angriffen sei hoher Sachschaden entstanden, zahlreiche Orte seien ohne Strom. Nach der weiteren kroatischen Truppenmassierung befürchten die Vereinten Nationen, daß ein kroatischer Vormarsch unmittelbar bevorsteht. In der Region um Trebinje im Süden Bosniens lieferten sich die kroatische Armee und bosnische Serben nach Angaben der Belgrader Nachrichtenagentur Tanjug gestern heftige Gefechte.

In Ostslawonien hat die kroatische Armee nach serbischen Angaben die Gegend um Bilje und Tenja, nordwestlich der Stadt Vukovar, mit Granaten beschossen. Ein serbischer Soldat sei von Scharfschützen verletzt worden. In Belgrad ist der amerikanische Unterhändler Richard Holbrooke mit dem serbischen Präsidenten Slobodan Milošević zusammengetroffen. Gegenstand der Gespräche ist die amerikanische Friedensinitiative. Die Wagenkolonne des spanischen Außenministers Javier Solana ist am Mittwoch abend in der Nähe von Sarajevo beschossen worden. Verletzt wurde aber niemand. Die bosnische Regierung lehnte gestern ein Treffen mit dem Jugoslawien-Beauftragten der EU, Carl Bildt, ab. Bildt sei Vermittler eines Friedensplans, den es nicht mehr gebe, sagten Regierungskreise in Sarajevo.

Vertreter der ungarischen und der kroatischen Minderheit in der Vojvodina haben gestern gegen die Absicht der serbischen Behörden protestiert, Tausende von Krajina-Flüchtlingen in der Region anzusiedeln. In Subotica, nur wenige Kilometer südlich der ungarischen Grenze, sind nach offiziellen Angaben bereits 2.300 Krajina-Serben untergebracht. Nach Rotkreuz-Angaben befinden sich zur Zeit etwa 60.000 Krajina-Flüchtlinge in den Aufnahmezentren in Vojvodina.

Die Vereinten Nationen haben gestern der kroatischen Armeeführung vorgeworfen, ihnen trotz eines Abkommens keinen Zugang zu den 30.000 eingekesselten Abdić-Anhängern in der Nordkrajina zu gewähren. Die Eingekesselten litten unter Trinkwasser- und Lebensmittelmangel.

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