: Putzschränke werden sauber
■ BUND und Hertie verbannen unökologische Reiniger aus dem Regal. Berlin ist Schlußlicht bei dieser Aktion, erst im November kommen die grünen Saubermacher
Ein glaubhaftes Öko-Image erlangt niemand mehr durch idyllisch bedruckte Plastiktüten. Da muß es schon etwas mehr sein: Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) setzt bereits das fünfte Projekt mit dem Hertie- Konzern um. Nach dem „Garten ohne Gift“, den Aktionen „Müllfrei ins neue Schuljahr“, „Verpackt und zugeklebt“ und „Schule und Büro ohne giftige Lösemittel“ geht es nun um den „sauberen Putzschrank“.
Pressereferentin Ingrid Hüchter vom BUND über das bisher Erreichte: „Wir haben unter anderem den ausschließlichen Verkauf von pestizidfreien Pflanzenschutzmitteln, lösungsmittelarmen Textmarkern und Tipp-Ex durchgesetzt. Füller werden nicht mit Kunststoffverpackungen angeboten.“ Im Laufe der fünfjährigen Zusammenarbeit von BUND und Hertie habe sich der „Sortiment-Check“ als beste Strategie herausgestellt. Die Produkte der einzelnen Abteilungen werden nach ihren Inhaltsstoffen, ihrem tatsächlichen Nutzen, ihrer Verpackung, Dosier- und Nachfüllmöglichkeiten und Kundeninformation beurteilt. Gravierende Mängel führen zum Ausschluß aus dem Sortiment von durchschnittlich 100.000 Artikeln des Kaufhauses. Gaby Wilms, Pressereferentin im Hertie- Stammhaus Frankfurt am Main, zählt vor: „Die Aktion ,sauberer Putzschrank‘ hat die Zahl der Putz-, Wasch- und Reinigungsmittel von 300 auf 180 verringert, obwohl neue, umweltfreundliche Produkte aufgenommen wurden.“ Die schwarzen Schafe möchte Corinna Lütsch von der BUND-Marketing-Abteilung „fairerweise“ nicht beim Produktnamen nennen. Ab Mitte November haben die Berliner Hertie-Filialen als bundesweit letzte nachgezogen, dann können sich auch die HauptstädterInnen vor Ort ein Bild machen.
Es waren einerseits ganze Produktgruppen, die einen Platzverweis erhalten haben, weil ihr tatsächlicher Sinn und Zweck in Frage gestellt werden mußte, wie WC-Spülsteine, chemische Rohrreiniger, Luftverbesserungssprays und Bügelsprays. Die echte Alternative bleiben Klobürste, Absaugpumpe, Lüften und ein paar Wasserspritzer. Andererseits haben viele Produkte nicht den Umweltfreundlichkeitstest bestanden, den das Institut für Kommunikation und Umwelt (IKU) im Auftrag des BUND durchgeführt hat. Von einem Dutzend Mitteln für Geschirrspülmaschinen hat nur ein einziges die Auslese überlebt.
Waschmittelanbieter wollten nicht informieren
„Das IKU mußte gemeinsam mit Hertie und BUND ordentlich Druck machen, um überhaupt die Inhaltsstoffe einzelner Wasch- und Putzmittel in Erfahrung zu bringen“, berichtet Hüchter. Anders als bei Lebensmitteln müssen die Inhaltsstoffe hier nicht ausführlich aufgelistet werden. Anke Zühlsdorf, ebenfalls vom BUND, spricht von einer „Informationsblockade der Waschmittelindustrie“. Vor allem Procter & Gamble, einer der weltweit größten Anbieter, habe sich bis zur letzten Sekunde gegen das Projekt und die Datenherausgabe gesperrt. Der BUND setzt dagegen auf Information: Produktempfehlungen und Anwendungstips werden direkt am Kaufhausregal gegeben, eine Broschüre für umweltfreundliches Waschen und Putzen liegt aus.
Was sind die Beweggründe für Hertie, sich zum Ökokaufhaus- Pionier zu machen, sich vertraglich dem BUND gegenüber zu verpflichten und selbst, so Wilms, „Umsatzeinbrüche in Kauf zu nehmen“? Langfristig wird sich die chlorfrei gebleichte weiße Weste rentieren. Hertie erhält ein Öko- Image, und das kann gar nicht schaden. Zur Hertie-Gruppe gehören Wertheim, das KaDeWe, bilka und das Alsterhaus. Vor anderthalb Jahren fusionierte der Konzern mit Karstadt. Die Tochter- und Schwesterunternehmen haben bislang allerdings noch nicht nachgezogen und die Ökokriterien übernommen. Ursula Dohme
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