CDU zerrt wieder an den roten Socken

■ Diepgen wirft dem Brandenburger Verfassungsschutz vor, bei der PDS beide Augen zuzudrücken

Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen hat gestern den Verfassungsschutz in Brandenburg heftig kritisiert. Im Nachbarbundesland bräuchten sich verfassungsfeindliche Gruppen nur „unter das Dach einer Partei“ zu flüchten, schon würden sie nicht mehr beobachtet, warf er Amtsleiter Wolfgang Pfaff vor. Diepgen ist sauer, weil Brandenburg eine Beobachtung von Teilen der PDS mit nachrichtendienstlichen Mitteln ablehnt.

In Berlin dagegen werden die „Kommunistische Plattform“, die „Jungen GenossInnen“ und die „Autonome Gruppe“ in der PDS seit Anfang des Jahres bespitzelt und abgehört, weil diese „verfassungswidrige Ziele“ verfolgten, sagte Diepgen, als er gestern den Verfassungsschutzbericht 1994 veröffentlichte.

Wie wenn die CDU eine neue „Rote-Socken-Kampagne“ starten wollte, funkte Diepgens Parteifreund Dieter Hapel zeitgleich aus dem Abgeordnetenhaus: „Brandenburgs Persilschein für die PDS empörend.“ Amtsleiter Pfaff habe seine Behörde politisch mißbraucht, weil dieser sich vorgestern mit dem PDS-Abgeordneten Gregor Gysi getroffen hat. Brandenburgs Verfassungsschutzchef Pfaff ließ diese Vorwürfe zurückweisen. Die Kritik sei „völlig unzutreffend“, sagte Pfaffs Sprecherin Helga Wankel. Die auch in Brandenburg bekannten Gruppen hätten sich in die PDS integriert und würden keinerlei Außenwirkung entwickeln.

Da die Partei nicht verfassungsfeindlich sei, beobachte Brandenburg auch keine Teile, zumal zwischen Mitgliedern mit verfassungskonformen und -feindlichen Zielen nur schwer getrennt werden könnte. Das Gespräch mit Gysi habe den Sinn, zu „vereinigen, statt auszugrenzen“. Bei der letzten Landtagswahl hat jeder fünfte Wähler seine Stimme der PDS gegeben. „Sollen wir die alle diskriminieren?“ fragte Sprecherin Helga Wankel.

In Berlin geht die Überwachung von PDS-Mitgliedern weiter, kündigte Diepgen während der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes an. Ohnehin mache er sich „mehr Sorgen“ um den Links- als um den Rechtsextremismus. Er begründete dies insbesondere mit den Anschlägen von „Klasse gegen Klasse“. Diese Gruppe beging zwar im Jahr 1993 noch 51 Straften und im Jahr 1994 nur noch 15, doch die Zahl der geglückten Brandanschläge stieg von sechs auf elf.

Insgesamt sind Links- und Rechtsextremisten im vergangenen Jahr weniger gewalttätig gewesen als ein Jahr zuvor. Gewalttaten wie etwa Anschläge und Körperverletzungen mit linksextremistischem Hintergrund fielen von 182 auf 46 im letzten Jahr. Die Zahl der linksextremistischen Straftaten halbierte sich auf 1.772.

Rechtsextremistische Gewalttaten gingen um zwei Drittel von 75 auf 25 zurück. Die Straftaten mit rechtsextremitischer Motivation nahmen dagegen zu: Sie stiegen von 650 auf 795. Dirk Wildt