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Das Geld wird billiger für die Banken

■ Der Zentralbankrat hat die Leitzinsen um ein halbes Prozent gesenkt. Volks- und Raiffeisenbanken warnen vor steigender Inflation / Entlastung für das Europäische Währungssystem, der Dollarkurs steigt

Frankfurt/Main (AFP) – Kapital ist in Deutschland so billig wie seit sieben Jahren nicht mehr. Die Bundesbank hat gestern den Lombardsatz von sechs auf 5,5 Prozent und den Diskontsatz von vier auf 3,5 Prozent herabgesetzt. Zu diesen Sätzen können sich allerdings in der Regel nur die Banken selbst das Geld besorgen. Die KleinkundInnen, die heute bei ihrer Sparkasse einen Kredit beantragen, dürften von dem Preisnachlaß auf höherer Ebene nicht das geringste zu spüren bekommen.

Aber selbst der Finanzminister Theo Waigel (CSU) hatte gestern noch sichtlich Mühe, die Chefsache der Banker zu verstehen. Durch die Zinssenkung würden „die Kräfte für ein inflationsfreies Wachstum gestärkt“, sagte er in Bonn. Eben das ist jedoch zweifelhaft. Der Verband der Volks- und Raiffeisenbanken warnte umgehend davor, daß die Bundesbank die gegenwärtig niedrige Inflationsrate von weniger als drei Prozent gefährde.

Der Deutsche Industrie- und Handelstag (DIHT) hält zwar die Zinssenkung für vertretbar, findet aber, die „Erwartungen auf positive konjunkturelle Auswirkungen“ seien „übertrieben“. Lediglich Branchen mit hohem Exportanteil dürften von der billigeren Mark auf den Auslandsmärkten profitieren.

Überrascht hat der Schritt der deutschen Währungshüter die Finanzwelt jedoch nicht; er wurde seit Wochen erwartet. Der Chefvolkswirt der „Salomon Brothers Investmentbank“ sagte schon am Mittwoch, daß es nun absolut keinen Sinn mehr habe, damit zu warten. Da die Geldmenge in Deutschland in den letzten Monaten stabil blieb, nutzt die Bundesbank die Chance, den seit der letzten Dollarkrise immer noch überhöhten Außenwert der Mark zu senken. Erwartungsgemäß stieg gestern der Kurs der amerikanische Leitwährung in Frankfurt gegenüber der Mark um einen halben Pfennig nach oben.

Bundesbankchef Tietmeyer bestritt jedoch, daß es sein Ziel sei, den Dollarkurs „in einer bestimmten Zone“ zu halten. Die Währungsturbulenzen vom Anfang des Jahres haben in der Tat bewiesen, daß die Zinsinstrumente der nationalen Zentralbanken dafür heute nicht mehr ausreichen. Der Dollarkurs stieg in den letzten Wochen aus anderen Gründen und ohne Nachhilfe der Bundesbank.

Trotzdem dürfte die deutliche Senkung der deutschen Leitzinsen auch die Währungen der europäischen Partnerländer vom Abwertungsdruck gegenüber der starken D-Mark entlasten. Schon gestern kündigte die österreichische Zentralbank in Wien an, daß sie ihren Diskontsatz noch heute von vier auf 3,5 Prozent senken werde. nh

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