Sich bessern ist schwer

Ein Weltbank-Projekt gegen den Raubbau an Amazonas-Wäldern richtet großen Schaden an / Überprüfungskommission eingeschaltet  ■ Von Helmut Hagemann

Die Umwelt zu schützen, will der Weltbank nicht gelingen. Indianerorganisationen, Kautschukzapfer, Menschenrechtsgruppen und Umweltschützern haben bei der Weltbank gegen das Landesentwicklungsprojekt „Planafloro“ für den Amazonas-Bundesstaat Rondônia Beschwerde eingelegt. Mit der Einschaltung des Beschwerdepanels der Weltbank durch das „Forum der regierungsunabhängigen Organisationen und sozialen Bewegungen von Rondônia“ haben die Auseinandersetzungen um das umstrittene Großprojekt ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht.

Ursprünglich sollten mit dem 229 Millionen Dollar teuren Vorhaben Korrektur- und Abpufferungsmaßnahmen für die dramatischen Entwaldungen und sozialen Schäden geschaffen werden, die die Weltbank in den achtziger Jahren in Rondônia durch landesweite Straßenbau- und Besiedlungsprojekte mitverursacht hatte.

Schon während der ersten Vorbereitungen im Jahre 1988 hatte Chico Mendes, der damalige Sprecher der amazonischen Umweltbewegungen, gewarnt, daß Planafloro scheitern könnte, da eine „wirkliche Beteiligung der Betroffenen an der Vorbereitung“ fehle. Doch die langwierigen Proteste und Anstrengungen der Indianerorganisationen und Umweltschützer konnten lediglich den Start bis 1993 hinauszögern, blieben aber ansonsten folgenlos.

Schon Mitte 1994 traten die Mängel offen zu Tage. Mit den Mitteln der Weltbank setzte die Landesregierung einfach nur die bisherige verheerende Erschließungspolitik fort. Die regierungsunabhängigen Organisationen (NGOs) beklagten, daß die Behörden gegen eine Serie von Vereinbarungen mit der Weltbank verstießen.

Die Landesregierung erteilte laut Verbandssprecher Luis Rodrigues weiterhin Genehmigungen für Rodungen, Waldbrände und Holzeinschlag, die das geltende Umwelt- und Raumordnungsrecht verletzten. Gleichzeitig verschleppte sie den vorgesehenen Schutz von Indianergebieten, die akut vom Holzeinschlag bedroht waren. Auch die vereinbarten Naturschutzreservate fielen kleiner aus, als sie ursprünglich vorgesehen waren. Um Ausgaben für Umweltschutz nachzuweisen, gab die Landesregierung sogar die Grenzmarkierung von Sammelreservaten in Auftrag, die überhaupt nicht existierten.

Die zugesagte Beteiligung der betroffenen Bevölkerung an der Planung und Durchführung des Projektes wurde nicht zugelassen. Unregelmäßigkeiten gab es auch im Bereich Auftragsvergabe und Personaleinstellung, wo vermutlich mehr nach politischen Interessen als nach sachlichen Kriterien verfahren wurde.

Das Forum der rondonischen Nichtregierungsorganisationen forderte die Weltbank deshalb schon 1994 zur Zahlungseinstellung auf. Der Verband fürchtete, so Luis Rodrigues, daß das Projekt zum „Desaster für das ganze Bundesland“ geraten würde. Da die Weltbank diesen Appell praktisch ignorierte, griffen die NGOs im Juni 1995 zum letzten Mittel: einer Eingabe bei der unabhängigen Beschwerdekommission der Weltbank, dem sogenannten Inspection Panel.

Diese Kommission soll nun die Rolle der Bank beim Mißerfolg von Planafloro aufklären. Entscheidend an der Beschwerde ist, daß die Weltbank ihre Verantwortung nicht länger auf die Landesregierung abwälzen kann. In der Beschwerdeschrift heißt es die Weltbank habe systematisch „ihre eigenen Richtlininen für die Bereiche Wald, Naturschutz, indigene Bevölkerungen, Beteiligung von NGOs, Projektaufsicht und Evaluierung, Ausschreibung und Zahlungseinstellung“ mißachtet. Außerdem habe die Bank nicht auf die Einhaltung von Vereinbarungen bestanden, die sie mit der Landesregierung eingegangen ist.

Verbandssprecher Luis Rodrigues wirft der Weltbank vor, daß sie weder auf die enormen Engpässe bei den Vollzugsbehörden reagiert habe, noch auf den fehlenden politischen Willen der Regierungsbehörden, die sozialen und ökologischen Projektziele umzusetzen. Die Bank habe es unterlassen, den vereinbarten Schutz der indianischen Bevölkerung einzufordern und die Erfüllung der Vereinbarungen über die ökologischen und sozialen Rahmenbedingungen zu überwachen.

Die Erfolgsaussichten der Beschwerde vor dem erst 1994 geschaffenen Inspection Panel sind nach Einschätzung der Umweltorganisation Urgewald ungewiß. Bei den Beschwerden über Weltbank- Projekte in Nepal und Äthiopien etwa versuchte das Weltbank-Management, die laufenden Ermittlungen zu beeinflussen. Im Falle von Nepal immerhin hatte die Beschwerde Erfolg: Dort wird der umstrittene Arun-Staudamm nicht mehr von der Weltbank gefördert. Wie die Bank auf diese neueste Beschwerde reagiert, bleibt jedoch bis auf weiteres im Dunkeln. Ihre erste im Juli vorgelegte Stellungnahme hält sie vor den Betroffenen verschlossen.