: Türkisches Geschäftshaus in Brand gesteckt
■ Zwei Afrikaner kamen bei einem Brandanschlag in Ulm ums Leben. Laut Staatsanwalt liegt ein politisches Motiv nahe. LKA: Schutzgelderpresser oder PKK
Ulm (AFP/taz) – In der Nacht zu gestern wurde in Ulm ein türkisches Geschäft angezündet. Zwei Menschen wurden getötet und drei weitere verletzt. Das Feuer wurde nach Ermittlungen der Kriminalpolizei gegen 2.15 Uhr in dem Laden im Erdgeschoß eines Hochhauses in der Ulmer Innenstadt gelegt und griff dann auf benachbarte türkische Geschäfte über.
Zwei Männer aus Ghana und dem Tschad starben in den Flammen. Sie hatten offenbar mit dem Aufzug dem Feuer entkommen wollen. Zwei Verletzte lagen gestern nachmittag noch im Krankenhaus. Ein fünfzehnjähriges Mädchen konnte nach Behandlung einer Rauchgasvergiftung entlassen werden.
Der Sprecher des baden-württembergischen Landeskriminalamtes (LKA), Peter Winzen, sagte gestern, es gebe „keine vernünftigen Zweifel an einem Brandanschlag“. Nach Erkenntnissen der Spurensicherungskommission brach das Feuer in der Ecke eines türkischen Import-Export-Ladens aus, an dem offensichtlich das Schaufenster eingeschlagen wurde. Leiter Hans-Jürgen Pfister sagte, es seien Spuren eines von außen in das Geschäft geworfenen Fremdkörpers gefunden worden, mit dem das Feuer offenbar gelegt worden sei. Möglicherweise sei dabei mit Benzin gearbeitet worden.
Durch das Feuer wurden auch mehrere umliegende Geschäfte, darunter ein Reisebüro, eine Fahrschule sowie Räume der türkischen Zeitung Yeni Posta, zum Teil schwer beschädigt. Der Sachschaden an dem Gebäudekomplex geht nach Schätzungen des Landeskriminalamts „in die Millionen“.
Zu einem möglicherweise politischen Hintergrund des Anschlags wollte sich der Sprecher des LKA nicht äußern. Es werde „in alle Richtungen ermittelt“. Der leitende Staatsanwalt Konrad Menz hingegen erklärte am Abend, es dränge sich der Verdacht einer politisch motivierten Tat auf. Ein Bekennerschreiben oder ähnliches sei aber bisher nicht gefunden worden.
Als mögliche Urheber könnten weder die türkische Arbeiterpartei (PKK) noch kriminelle Schutzgelderpresser ausgeschlossen werden. Man überprüfe daher auch, ob die Tat in die Serie von Brandanschlägen der PKK auf türkische Einrichtungen einzuordnen sei.
Die Besitzer der Geschäfte lehnten Spekulationen über mögliche Täter ab. Türkische Anwohner äußerten hingegen die Vermutung, es handle sich um einen PKK-Anschlag. Nach Angaben des LKA-Sprechers hatte es bereits 1994 einen Anschlag auf das jetzt wieder in Mitleidenschaft gezogene Reisebüro gegeben. Der damalige Anschlag sei nicht aufgeklärt worden. Auch in Ulm waren in den vergangenen Monaten wiederholt Anschläge auf türkische Einrichtungen verübt worden.
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