: Länger arbeiten? Eine Frage des Geldes
Bei VW-Tarifverhandlungen zeigt sich die IG Metall kompromißbereit ■ Aus Hannover Jürgen Voges
Nach 14stündiger Verhandlung ist gestern mittag auch die vierte VW-Tarifrunde ohne Ergebnis abgebrochen worden. „Es gibt noch erhebliche Differenzen“, konstatierte anschließend der IG-Metall- Verhandlungsführer Jürgen Peters und kündigte weitere Warnstreiks bei VW für die kommende Woche an. Gleichzeitig schloß Peters allerdings eine Verlängerung der effektiven Arbeitszeit bei VW nicht mehr aus. Auch die Streichung von Pausen sei eine Frage des Geldes, zeigte sich der IG-Metall-Verhandlungsführer im entscheidenden Streipunkt plötzlich kompromißbereit. Urabstimmung und Streik bei VW will die Gewerkschaft in jedem Fall vermeiden: „Ich gehe nicht davon aus, daß die VW-Arbeitnehmer zum letzten Mittel gezwungen werden“, stellte Peters klar.
Dem VW-Konzern geht es zur Zeit allerdings keineswegs schlecht. Der gestern in Wolfsburg mit Rücksicht auf die Tarifverhandlungen einen Tag verspätet vorgelegte Halbjahresbericht weist einen Gewinn nach Steuern von 113 Millionen Mark aus. Ohne die noch abzuführenden Steuern liegt der Halbjahresgewinn sogar bei 616 Millionen Mark.
Erheblich zurückgeschraubt hat die Arbeitgeberseite ihre Forderung nach unentgeltlicher Mehrarbeit, durch die angeblich nur die Kosten einer weiteren 2jährigen Beschäftigungssicherung kompensiert werden sollen. Für die nach Zeitlohn bezahlten VW-Werker und -Angestellten verlangte das Unternehmen nur noch 1,2 Stunden zusätzliche Arbeit für lau. Den im Akkord arbeitenden Produktionsarbeitern soll allerdings weiterhin die in den siebziger Jahren erkämpfte fünfminütige Erholzeit pro Stunde gestrichen werden, was unter dem Strich immer noch eine Arbeitzeitverlängerung um 2,4 Stunden pro Woche, also um über 8 Prozent, ergibt. Dieser Punkt müsse jetzt unter den Kollegen diskustiert werden, bemerkte dazu gestern Peters. Diese müßten entscheiden, wie wichtig ihnen die Beschäftigungsgarantie, der weitere Ausschluß betriebsbedingter Kündigungen, sei. Auch bei der Samstagsarbeit ist die Arbeitgeberseite in der vierten Runde von ihren Maximalforderungen abgerückt. An zwölf Samstagen im Jahr, so sagte gestern VW-Verhandlunsgführer Ulrich Dase, solle nunmehr gearbeitet werden. Für diese zwölf Samstage sollten weiterhin Überstundenzuschläge gezahlt werden, allerdings statt bisher 50 nun nur noch 25 Prozent. Die IG Metall hält diese Halbierung der Zuschläge allerdings bisher für unakzeptabel. In der nächsten Runde am kommenden Dienstag soll erstmals über Geld, über die Prozente geredet werden, so daß ein Gesamtpaket aus allen Streitpunkten zu erwarten ist. Jürgen Voges
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen