Durchs Dröhnland: So godotmäßig
■ Die wichtigsten und überflüssigsten Konzerte der kommenden Woche
Da gibt es diese Band aus Honolulu, ja, genau, das auf Hawaii, und weil man dort ja kein Bein auf die Erde kriegt, wenn man nicht mit Blumenkränzen und nackten Titten für Touristen spielt, sind die nach Los Angeles umgezogen, weil der Gitarrist dort Kunst studieren wollte. Und die Band ist ihm dann hinterhergereist, blieb ein halbes Jahr in San Francisco hängen, ist dann doch wieder zusammengekommen und hat sogar eine Plattenfirma gefunden. Die hat sie durch die USA und Europa geschickt, das hieß dann „Clusterfuck Tour“. Den Leuten gefiel das Gerümpel, das sie gespielt haben, es hat sie wohl an Nirvana erinnert. Und an Beck und den anderen Low- Fi-Kram, und der war ja zu der Zeit schwer angesagt. Schöne Band, wirklich, heißen Chokebore. Kannst du mir noch ein Bier mitbringen? Ich warte hier!
Morgen, 22 Uhr, Knaack, Greifswalder Straße 224, Prenzlauer Berg
Guckst du manchmal FAB? Ja, stimmt, diese minutenlangen Jingles sind wirklich unerträglich. Auf jeden Fall spielen die immer mal völlig unmotiviert Videos, wenn ihnen die Werbung ausgeht, und da habe ich diese deutsche Version von Deep Purples „Smoke on the Water“ gesehen. Völlig klasse, den Text einfach 1:1 übersetzt, so einen Schwachsinn hast du selten gehört. „Rauch auf'm Wasser“, Haareschwenk, und dazu sitzt diese Band, die auch noch Prollhead heißt, mit dutzendweise Groupies in schweren Limousinen. Irre gut. Kein Wunder, daß sich sonst niemand getraut hat, dieses Ding zu covern.
Morgen, 21 Uhr, Insel, Alt- Treptow 6
Letztens hab ich eine Band gehört, die ist zwar aus Deutschland, aber hört sich kein bißchen so an. Sie behaupten, die beiden wichtigsten Musikformen wären Country und Western, wegen dem Witz aus dem Blues- Brothers-Film, denk ich mal. Dabei spielen sie gar nicht so viel C&W, mich hat es eher an die Walkabouts erinnert, weil die Band Full Of Leroys auch so einen hübschen Sangeswechsel zwischen den Geschlechtern praktiziert. Wenn man sich anschaut, daß vor kurzem alle zu Neil Young gerannt sind, können die Leroys gar nicht so falsch liegen. Zwar nicht gerade eigenständig, aber sehr schön, kannste mit glauben. Ich muß jetzt mal aufs Klo, geh nicht weg!
Morgen, 24 Uhr, Café Swing, Nollendorfplatz, Schöneberg; 4.9., 22 Uhr, Franz, Schönhauser Allee 36–39, Prenzlauer Berg
Ganz nebenbei, hast du schon gehört von Desmond Q. Hirnch? Die sind aus Potsdam. Ja, man glaubt es kaum, da machen sie auch Musik. Sogar ganz gute. So psychedelisches Zeugs, also eigentlich sind die völlig krank, mit so Geräuschfetzen und dann Gitarrenkrach und dann voll kitschig. Irgend jemand hat mal geschrieben, so würden sich Pink Floyd anhören, wenn sie Punk spielen würden, das ist natürlich Quatsch. Oder hab' ich das selber geschrieben?
So., 3.9., Come In, Rudower Chaussee 4, Adlershof; 7.9., 22 Uhr, Duncker, Dunckerstr. 64, Prenzlauer Berg, Eintritt frei!
Wie hießen die noch mal? Die kommen aus Spanien und spielen irgendwie Rockmusik mit Folklore-Elementen, so lustig heitatei. Die Texte versteht man zwar nicht, wenn man kein Spanisch kann, aber die sollen ganz doll kritisch sein. Nicht schlecht, auch wenn sie sich für meinen Geschmack zu sehr nach Fremdenverkehrswerbung anhören, und mein letzter Spanienurlaub war ziemlich Scheiße. Bloß, wie hießen die noch gleich? Hast du mal 'ne Zigarette? Ach ja, Celtas Cortos. Danke! Auf ihrer letzten Platte hat sogar Willy de Ville bei einem Stück mitgeknödelt. Und das war doch sehr hübsch, vor allem wenn ich mir vorstelle, wie Willys hach so elegantes Oberlippenbärtchen mit Sand und Salzwasser verkrustet, während sie in den Studiopausen am Strand abhängen.
So., 3.9., 20.30 Uhr, Loft, Nollendorfplatz, Schöneberg
Wo wir gerade davon reden... Ach, haben wir nicht? Auf jeden Fall hab' ich gerade die neue Platte von Herrn Blum gehört. Ja genau, das ist dieser Typ, der heißt Thomas Wagner und ist aus Hönow. Der tritt immer mit seiner Gitarre und seinem Vater auf. Der Vater schmeißt dann haufenweise Farbe in der Gegend rum, weil er nämlich eigentlich Maler ist. Inzwischen haben sie sich aber noch einen Schlagzeuger zugelegt, und Vater Wagner ist auch nicht mehr immer dabei. Und live war das ja immer toll, aber auf Platte absolut nicht zu ertragen. Ein Lärm und so deutsch, daß es einem die Fingernägel umklappte. Rauchen die da drüben was? Also, aber diese letzte Platte, die ist gar nicht mal so schlecht, die hat sogar Songs und sogar Rhythmus, wirklich echt gut. Aber die Texte sind wieder so schwer Warten-auf- Godot-mäßig, „absolute Leere“, „es gibt keinen Grund zu warten“ und so. Irgendwie dann doch frustrierend.
Di., 5.9., 20.30 Uhr, Insel
Also, die kennst du bestimmt nicht. Die heißen Bubbles in Bleach und kommen aus Fulda. Aus Fulda! Seit wann kommen da Bands her? Aber die sind süß, so netter Jungens-Pop mit Texten wie „Life goes on bla bla...“. Ich wette ja, die nehmen an jedem örtlichen Rockwettbewerb teil und gewinnen immer, so hören sie sich jedenfalls an. Wo liegt Fulda überhaupt? Jedenfalls nicht in der Nähe von Seattle. Meinst du, die geben uns was von ihrem Joint ab? Also nee, diese Bubbles... Ich mochte das wirklich, das rührt so eine romantische Ader in einem, weißt du, so früher, als man noch mehr Pickel als heute hatte und Aztec Camera hörte. Musik zum Händchenhalten halt. Ich hol mir jetzt noch ein Bier
Do., 7.9., 22 Uhr, Pfefferberg, Schönhauser Allee 176, Prenzlauer Berg Thomas Winkler
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