: Umsatz macht nur der Imbißbudenbesitzer
■ Auf den Flohmärkten machen Händler nur selten gute Geschäfte. Der Verkauf bringt oft nicht mal die Standmiete ein. Das Warenangebot verrät jedoch ungebrochenen Optimismus
„Mann, du bist hier auf'm Flohmarkt“, sagt der junge Türke mit den Camouflage-Hosen und wiegt einen Sony-Walkman in der Hand. „Also dreißig, okay?“ Der behäbige Händler hat keine Lust zu handeln und bleibt beharrlich. Er will vierzig Mark für das Gerät. Es ist so ziemlich der einzig brauchbare Gegenstand, den der Mann vor sich auf dem Tapeziertisch liegen hat.
Auch die anderen Trödler, die am Samstag auf dem Flohmarkt am Fehrbelliner Platz ihre Stände aufgebaut haben, bieten überwiegend Krimskrams an, der zwar dem Auge Abwechslung bietet, aber nur wenige der umherschlendernden Spaziergänger zum Kaufen anregt. Vieles von dem Zeug, das in Pappkartons und Wäschekörben auf Klapptischen lagert, würde man nicht mal geschenkt haben wollen. Doch es gibt auch einige Stände, deren Betreiber alte Münzen, wertvolle Taschenuhren und Grammophone anbieten. Wieder andere haben sich auf den Handel mit gebrauchter Unterhaltungselektronik – vom Kassettenrecorder bis zum Computer – spezialisiert. Ein Mittdreißiger, der offensichtlich ein Fan von Hieb- und Stichwaffen ist, hat ein Dutzend Bajonette verschiedener Armeen vor sich auf einem Tuch ausgebreitet. Dazwischen ein Paar Duelldegen mit Korken auf den Spitzen. Obwohl das Interesse an den Seitengewehren groß ist, kauft ihm niemand etwas ab.
Zwischen den Ständen hat ein anderer sein steinaltes NSU-Mofa abgestellt. Ein Zettelchen am Sattel des kuriosen Gefährts zeigt, daß der Besitzer stolze 600 Mark für das Mofa haben will. Ein Betrag, den er kaum dafür kriegen wird.
Obwohl es gerade mal Mittag ist, packen die ersten Händler mit enttäuschten Gesichtern ihren Trödel bereits wieder ein. „Nicht mal die Standmiete habe ich raus“, schimpft ein Mann, während er seine Bücher und ein paar alte Kaffeekannen in Kartons stopft.
Auf dem Kiezmarkt Köpenicker Straße sieht es für die Händler auch nicht besser aus. Die Currywurstbude, die weit und breit die einzige Möglichkeit ist, um etwas zu futtern zu kriegen, macht wirklich Umsatz. Die korpulente Inhaberin hat alle Hände voll zu tun, die Gruppen von hungrigen und durstigen Trödlern oder Besuchern abzufüttern.
An den übrigen zehn Ständen sieht es noch flauer aus als am Flohmarkt Fehrbelliner Platz. Zwar gleicht sich der angebotene Krempel, wenn man von exotischen Exponaten wie der Krawattenbügelmaschine „Aurora“ oder dem Kinderwagen-Kriegsmodell absieht, dessen rostige Rustikalität an einen Wehrmachtspanzer erinnert.
Aber auch hier spürt man, daß die Branche in der Krise steckt. „Es wird immer schwerer etwas zu verkaufen“, klagt ein Händler, der sich auf gebrauchte Kleidungsstücke spezialisiert hat. „Das Geld sitzt eben nicht mehr so locker wie früher und die Konkurrenz wird immer größer“, sagt er achselzuckend und wendet sich wieder seinen Klamotten zu.
Am Flohmarkt auf dem Parkplatz neben dem Tacheles ist die Auswahl noch größer. An den rund fünfzig Ständen wird so ziemlich alles verkauft, was die abendländische Kultur in den letzten zweihundert Jahren abgesondert hat. Alte Medizinflaschen und Marmorlampen aus den dreißiger Jahren lagern einträchtig neben einigen Body-Vorläufern aus den fünfziger Jahren. Alle in peppigem Schweinchenrosa. Auch wenn die Trödelbranche rückläufig ist, sieht man an solchen Kleinigkeiten im Warenangebot, daß zumindest der Optimismus der Trödler ungebrochen ist. Peter Lerch
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