: Geh'n wir Space-Shopping!
■ Meteoriten mit Zertifikat? Telefonkarten, die schon im All waren? Frau Fitch hat's!
Heute gehn wir Space-Shopping. Zuerst machen wir einen Einkaufszettel:
–1 Astronautenmahlzeit „Cheese Pizza“
–1 Shuttle T-Shirt schwarz XL
–1 Anspitzer „Astronaut“ für den Kleinen
–nach Mondstaub fragen!
Zum Space-Shopping kann man entweder den NASA-Souvenir-Shop im amerikanischen Kennedy-Space-Center aufsuchen. Oder man nimmt die Linie 5 zum Bremer Flughafen. Am Flughafen sitzt die DASA. Beim Pförtner gibt man seinen Personalausweis ab, weil hier die Flügel von Kampfflugzeugen gebaut werden. Man fragt nach Bau 49. Im Entree findet man einen kleinen Laden namens „Space Souvenirs“. Seine Öffnungszeiten sind sonderbar: Dienstag bis Donnerstag 11.30 bis 13.30 Uhr.
Im Laden sitzt Birgit Fitch, wenn man Glück hat im blauen Astronauten-Arbeitsoverall. Fünfzehn Jahre hat sie dem Konzern als Sekretärin gedient und dabei drei Kinder großgezogen, bis sie ihre eigentliche Profession entdeckte: Geschäftsfrau! Auf die Sprünge half ihr die DASA, die die Idee hatte, in Zeiten reduzierter Aufträge nicht Leute zu entlassen, sondern sie zum Unternehmer zu machen. Voraussetzung: eine zündende Geschäftsidee. „Weltraumsouvenirs“: das schlug bei der DASA ein; es gab 15.000 Mark Startdarlehen. Frau Fitch rief bei der NASA an. Eine Woche später kam ein dicker Katalog.
„Mondstaub?“ Frau Fitch lacht. „Kostet 25.000 Dollar pro hundert Gramm plus Transport, das könnten Sie gar nicht bezahlen. Aber schau'n Sie hier: Ich habe Eisen-Meteoriten, die sind 25.000 Jahre alt, 12,50 Mark mit Zertifikat.“ In Frau Fitchs Laden kann man sorgenfrei einkaufen – alles echt, alles hat ein Zertifikat. Die Telefonkarten zum Beispiel für 149 Mark (20 Einheiten), die am 30.11.1994 mit einer Texus-Rakete für mehrere Sekunden im All waren. Wenn richtige Spaceverrückte in den Laden kommen, haben die sowieso nur eine einzige Frage: „Haste was, was im All war?“ Der Normalbesucher ist allerdings der Firmenangehörige während der Mittagspause. Gern decken sich auch ausländische Firmengäste in der mittäglichen Tagungspause ein. Daher die Öffnungszeiten. Für solche KundInnen gibt's 22-karätig vergoldete Krawattennadeln „Eurofighter“.
Birgit Fitch verdient schon jetzt, nach zwei Jahren „Space-Souvenirs“, mit dem Laden mehr als vorher auf halber Stelle. Sie ist nämlich inzwischen in der Space-Szene bekannt, weil sie auf allen einschlägigen Kongressen präsent ist mit ihrem Tisch. Das Versandgeschäft blüht. Selbst in die Schulen geht sie, weil Kinder nicht zu ihr aufs DASA-Gelände dürfen. Dort hält sie im Astronautenanzug Vorträge und baut ihren Tisch auf. Es gibt dann zum Beispiel Spielkarten zu kaufen, hinter denen sich ein Drama versteckt: Der Bube ist ein Shuttle beim Start. Der König ist ein Astronaut im All. Die Dame aber ist jene Lehrerin, die beim Shuttle-Flug Nr. 25 dabei war, welcher in einer fürchterlichen Explosion endete. Darum sind auch die Ersttagsbriefe, die zu diesem Shuttle-Flug herausgegeben worden waren, heutzutage so teuer: Aus Trauer dürfen sie nicht nachgedruckt werden (120 Mark).
Damals, als Frau Fitch Unternehmerin wurde, hatte auch ein anderer eine Idee: ein Space-Park für Bremen, ein Riesending, so groß wie Disney-Land, mit Astronautentraining und Raketen und Space-Kino – das wär's doch! Wenn das was würde, wer bekäme dann den Space-Souvenir-Shop? Birgit Fitch, versprochen! Die Frau, die auf die dumme Frage „Wollen Sie mal ins All?“ die wunderschöne Antwort gibt: „Das All ist so schön. Ich habe ja drei Kinder, und da oben ist immer Ruhe! Aber ich muß da nicht unbedingt hin. Es gibt schon genug Umweltverschmutzung auf der Welt.“ BuS
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