: „Eine Mark pro Rad würde reichen“
■ Der Marktführer bei Fahrradzubehör, Shimano, unterstützt die Radlobby
taz: Shimano ist weltweit der bedeutendste Hersteller von Fahrradzubehör. Ihr Marktanteil bei Rädern mit Kettenschaltung wird auf 80 Prozent geschätzt. Wie kam Shimano in diese Position?
Hans van Vliet: Wir haben Ohren, und wir hören damit zu. Bei Shimano hören auch die Manager den Kunden zu.
Ein Wollhändler muß nicht nur Wolle billig einkaufen und teuer verkaufen, sondern auch darum besorgt sein, daß der Handel mit Wolle unbehindert vor sich gehen kann. Eine Weltfirma wie Shimano unterstützt jetzt den Dachverband der europäischen Radfahrerverbände (ECF). Das ist doch offensichtlich genau so gemeint?
Das ist so gemeint. Wir haben Freizeitprodukte, mit denen wir die ganze Welt transportieren können, auf umweltfreundliche Weise. Wir haben durch die Zusammenarbeit mit dem ADFC (Allgemeiner Deutscher Fahrradclub Deutschlands, die Red.) viele wissenschaftliche Zahlen bekommen. Außerdem haben wir eine wissenschaftliche Untersuchung für den ADFC finanziert, und unsere einzige Bedingung dafür war, daß auch wir die Ergebnisse vor uns haben. Vorgestern war Herr Dr. Wissmann hier, der Bundesverkehrsminister, und ich habe ihn gefragt, ob er eigentlich weiß, daß wir weltweit viel mehr Menschen transportieren als die Autoindustrie, mehr als alle Luftverkehrsgesellschaften der Welt zusammen, daß unsere Welt erstickt ohne den Radverkehr.
Ich mache das nicht als Marketing-Gag, das wäre lebensgefährlich für meine Firma, man würde uns sofort auseinandernehmen. Aber wir haben dieses Produkt, wir haben eine Problemlösung, wir müssen nichts erfinden.
Alles spricht für den Radverkehr, fast nichts geschieht dafür. Umweltverbände sind manchmal aktiv, von der europäischen Fahrradindustrie hört man allerdings nichts.
Es würde völlig reichen, wenn jeder Hersteller eine Mark pro verkauftes Fahrrad auf die Waage legt. Dann hätten wir pro Jahr ein Budget von 15 Millionen Mark, damit kann man etwas tun.
Warum geschieht das nicht?
Weil die Fahrradhersteller denken, daß sie auch diese eine Mark nicht übrig haben. Die Autolobbyisten haben in Brüssel ein Budget von einer Milliarde Mark, glaube ich, und wir sind noch damit beschäftigt, überhaupt einen Mann in Brüssel zu kriegen.
Deshalb unterstützt Shimano den ECF.
Das ist das erste Mal, daß sich europaweit die Radfahrerverbände zusammenfanden, da wird ein Millionenpublikum vertreten.
Großindustrie Arm in Arm mit Umweltverbänden?
Ich glaube nicht, daß das nur Umweltgruppen sind. Nicht jeder fährt Fahrrad aus Prinzip. Ich persönlich bin der Meinung, daß wir noch viel zu wenig Fahrräder verkaufen in Europa. Shimano verkauft im Moment noch Naben und Bremsen. Wir sollten aber das Fahrrad als Transportmodus verkaufen, als seriöse Lösung sowohl für Transport als auch für Fitneß. Das Fahrrad ist immer auch Freizeit. Unsere Konkurrenz sind auch die Golfclubs.
In erster Linie aber doch die Autoindustrie?
Nein, überhaupt nicht. Wir haben seriöse Lösungen in Bereichen, wo die Autoindustrie nichts tun kann.
Interview: Hans-Joachim Zierke
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