: Wirtschaft will Schröder wiederhaben
■ Scharping ist zufrieden, Stahmer, Dohnanyi und die Industrie bedauern Schröders Demission
Hamburg (AP) – Sowohl Vertreter der Industrie als auch prominente SPD-Politiker haben am Wochenende die Entlassung von Gerhard Schröder als wirtschaftspolitischem Sprecher seiner Partei bedauert. Der SPD-Vorsitzende Rudolf Scharping hingegen freute sich gegenüber dem Spiegel: Ich habe jetzt den Rücken frei.“ Die SPD wolle nicht auf Schröder verzichten, aber wer behaupte, es gebe keine sozialdemokratische Wirtschaftspolitik, der könne die Partei nicht vertreten.
Die Berliner SPD-Spitzenkandidatin Ingrid Stahmer nannte Scharpings Schritt im Nachrichtenmagazin Focus „überzogen“. Er habe seinen Führungsanspruch am „falschen Objekt“ deutlich gemacht. Der ehemalige Hamburger Bürgermeister Klaus von Dohnanyi sagte: „Es ist schade, daß ein so tüchtiger und kompetenter, wenn auch schwieriger Mann der SPD auf Bundesebene zurücktritt.“ Schröders Kritik an der SPD-Wirtschaftspolitik sei richtig: „Denn die wirklich wichtige Frage – wie kann unsere Wirtschaft flexibler werden, um auf dem Weltmarkt bestehen zu können? – wird nicht mit der notwendigen Offenheit diskutiert, leider auch wegen des Drucks von Funktionären und Gewerkschaften.“
Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelstages (DIHT), Franz Schoser, lobte Schröder als „kundigen, aufgeschlossenen Gesprächspartner“. Der VW-Vorstandsvorsitzende Ferdinand Piäch meinte im selben Blatt, „daß Herr Schröder für die Arbeiter und für den Standort Deutschland stärker kämpft, als es seiner Partei ins Konzept paßt“.
Der Vorstandschef des Batterieproduzenten Varta, Erhard Schipporeit, sagte: „Ich verstehe es nicht, daß die SPD ihr bestes Pferd aus dem Geschirr läßt.“
In einer von der ARD veröffentlichten Infas-Umfrage erklärten 43 Prozent aller Befragten, sie hielten Schröder als Kanzlerkandidaten für besser geeignet; 28 Prozent sprachen sich für Scharping aus. Von den SPD-Anhängern dagegen plädierten 49 Prozent für Scharping und 37 Prozent für Schröder als Kanzlerkandidaten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen