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Kruzifix! Bayern ohne Balkensepp!"

■ Diese taz-Überschrift vom 11. August sorgt noch immer für Aufregung - Teil 2 der LeserInnenbriefe zum Thema

Das BVerfG-Urteil hat allen nichtchristlichen Wehrdienstverweigerern einen weiteren Gewissensgrund geliefert, nachdem die Bundeswehr allem Anschein nach nicht bereit ist, das christliche Symbol aus ihren Zieleinrichtungen zu entfernen. Franz Roisinger

Na, Ihr grimmigen, verbiesterten und verkrampften Christen, die taz-Überschrift „Kruzifix! Bayern ohne Balkensepp“ scheint Euch ja mächtig zu schaffen zu machen. Obwohl ich bekennender und praktizierender Katholik bin, habe ich herzlich über die Zeile lachen können. Was nehmt Ihr Euch denn so gräßlich ernst? Habt Ihr keinen Sinn für Humor und Ironie? Man muß doch über sich selbst lachen können, kreuzkruzifix! Den Pharisäern der C-Parteien einen Rat: Werft einmal einen Blick in ein Buch über Kirchengeschichte, Ihr Bibelunkundigen! Ihr werdet feststellen müssen, daß die frühchristlichen Gemeinden das Kreuz als religiöses Symbol bewußt ablehnten, galt die Kreuzigung doch als die schmählichste aller römischen Hinrichtungsarten. Schlimmer noch, wenn Ihr das Neue Testament ordentlich lest, werdet Ihr merken, daß es nicht einmal prunkvolle Kirchen, teure Gewänder und festliche Riten braucht, um gläubig zu sein. Gott werdet Ihr Verräter am Christentum nicht in den kalten Protzbauten finden, sondern in den Slums, bei den Huren, Ehebrechern und korrupten Beamten. Von letzteren habt Ihr ja eine ganze Menge. Der Friede sei mit Euch. Charlie Thibo

Es ekelt einen schon an, über das Kruzifix-Urteil zu schreiben, doch was da „Monitor“ (ARD, 24.8.) berichtete, übersteigt alles, was ich bisher in diesem Land für möglich hielt. So wurde der Vater der Familie, die ihr Anliegen durch oberstes Gericht bestätigt sah, von einem Landrat mit Hilfe willfähriger Ärzte in die Psychiatrie zwangseingewiesen (man erinnert sich an ähnliche – nicht bestätigte – Berichte über die DDR). Nachdem nun das Recht auf seiner Seite steht (eine Sache, die mich positiv an diesem Staat noch hoffen läßt), wird versucht, ihn wiederum – mit der Berufung auf die widerrechtliche frühere Einweisung – in seinen Rechten einzuschränken. Und das nicht durch Morddrohungen schizophren verführter Menschen, sondern durch Politiker mit staatlicher Gewalt und Kleriker, die Bürger dieses Landes gegen die oberste Rechtsinstitution aufhetzen. Offensichtlich ist der religiös verbrämte fundamentalistische Terror in allen Religionen – wenn es denn um ihre Macht geht – eine echte Gefahr für dieses Land. So hat das zu Recht in Frage gestellte Kruzifix offensichtlich die abgestrittene Unterdrückerfunktion und gehört nicht in demokratische Schulen eines (noch) Rechtsstaates. Gerhard Rosenberg

Der freitägliche Fisch (als Wahlgericht) in der Klinikkantine – als ebenso weitverbreitete Tradition wie die Schulkruzifixe – brachte uns anläßlich einer Diskussion um den Kruzifix-Streit auf folgende Idee: Als Kompromiß könnte man doch die Kruzifixe in den Schulen verhüllen. Sie blieben präsent und drängen sich doch nicht auf ... Reiner Bornemann

Sehr gewundert hab' ich mich:

1. Soo viel Meinung zu so kurzer Schlagzeile – offenbar liegt tatsächlich die Würze in der Kürze.

2. Kam da latent bereits vorhandene Hysterie ans Licht, oder muß ich mir selbst vorwerfen, ein kritikloses Träumerli zu sein, wenn ich bedenke, daß jene Schlagzeile mir lediglich ein verschmitztes Grinsen entlockte (die Vorahnung auf diverse Reaktionen war nicht ganz unbeteiligt daran), und mir die Gewißheit bescherte, daß die taz trotz – oder wegen?! – ihres Namens eben nicht bloß auf Samtpfoten daherschleicht, sondern auch mal die Krallen ausfährt. [...] Katja Kiesinger

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