Ein Papiertiger in roten Roben

■ In Kapstadt bereitet die OAU die Einrichtung eines afrikanischen Gerichtshofes für Menschenrechte vor

Kapstadt (taz) – Die Organisation für Afrikanische Einheit (OAU) plant die Einrichtung eines Gerichtshofes für Menschenrechte. Seit gestern tagen rund 120 afrikanische Rechtsexperten und Justizminister zusammen mit der „Internationalen Juristenkommission“ in Kapstadt, um Richtlinien dafür auszuarbeiten. Ein entsprechender Beschluß war auf dem letzten OAU-Gipfel in Addis Abeba im Juni gefaßt worden.

Die Notwendigkeit einer solchen Institution, gedacht als institutionelle Ergänzung der OAU- Menschenrechtscharta von 1981, wurde gestern von keinem Konferenzteilnehmer bestritten. Doch gibt es offenbar Zweifel. Zwar wollte niemand aussprechen, daß die OAU-Menschenrechtscharta das Papier nicht wert ist, auf dem sie geschrieben steht, und daß auch die offizielle Einsetzung einer OAU-Menschenrechtskommission im Jahr 1987 daran nichts geändert habe. Dennoch waren in den Eröffnungsreden trotz aller Beschönigungen – wie etwa die, daß das Kap der Guten Hoffnung ein gutes Omen für die Menschenrechte in Afrika sei – auch warnende Worte zu hören. Am deutlichsten wurde der südafrikanische Justizminister Dullah Omar (ANC): Er wies darauf hin, daß in zahllosen Ländern Afrikas immer noch autoritäre Regime herrschten und massive Verstöße gegen die Menschenrechte begingen. Die einzelnen Länder seien extrem unterschiedlich. „Unter solchen Umständen kann ein Gerichtshof die Wurzeln für Menschenrechtsverletzungen nicht beeinflussen“, so Omar. Er könne jedoch durch seine Urteile ein Maß setzen.

OAU-Vizegeneralsekretär Ahmed Haggag räumte gegenüber der taz ein, daß einzelne Länder geradezu dazu getrieben werden müßten, der Einrichtung eines Gerichts zuzustimmen. Er gab sich jedoch optimistisch, daß zum Ende der Tagung in der kommenden Woche ein Protokoll verabschiedet wird. Auf dem nächsten OAU- Gipfel im Sommer 1996 soll dann eine formelle Entscheidung gefällt werden.

Dem vorliegenden Vorschlag zufolge soll der Gerichtshof aus elf Richtern bestehen. Sie müssen die Staatsangehörigkeit eines OAU- Mitgliedslandes besitzen und sollen sich einen juristischen Ruf auf dem Gebiet der Menschenrechte erworben haben. Kein Land darf zwei Richter entsenden, jedes Land darf aber drei Kandidaten benennen. Gewählt werden sollen sie in geheimer Abstimmung von der OAU-Generalversammlung für einen Zeitraum von maximal neun Jahren. Wo der Gerichtshof seinen Sitz haben soll, bleibt einem Votum der Generalversammlung überlassen, und es steht zu erwarten, daß sich darüber heftiger Streit entzünden wird. Kordula Doerfler